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Wege zur Multifunktionalität - TTF-basierte Eisen(II)-Komplexe mit Spin-Crossover-Eigenschaften

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Schönfeld, Sophie:
Wege zur Multifunktionalität - TTF-basierte Eisen(II)-Komplexe mit Spin-Crossover-Eigenschaften.
Bayreuth , 2021 . - V, 169 S.
( Dissertation, 2021 , Universität Bayreuth, Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT)
DOI: https://doi.org/10.15495/EPub_UBT_00005882

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Abstract

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Synthese neuartiger Eisen(II)-Komplexe, welche neben Spin-Crossover-Eigenschaften auch redoxaktives Verhalten zeigen. Das Tetrathiafulvalen (TTF) ist für seine zwei reversiblen und leicht zugänglichen Oxidationsprozesse bekannt und sollte daher in die Ligandsphäre von SCO-Komplexen eingebracht werden.
Im ersten Teil der Arbeit wurde der axial verbrückende, zweizähnige Ligand TTF(py)2 mit Schiff-Base-artigen Eisen(II)-Komplexen des Jäger-Typs [FeL], welche eine [N2O2]2- Koordinationsumgebung besitzen, kombiniert. So konnten eindimensionale Koordinationspolymere mit zwei unterschiedlichen Äquatorialliganden ‒ aus insgesamt drei verschiedenen Lösemitteln (Dimethylformamid, Acetonitril, Ethanol) ‒ isoliert werden. Dabei wurde kristallographisch die Struktur des Komplexes {[FeL2(TTF(py)2)] ∙ 2(DMF)}n aufgeklärt. Dieser ist sowohl bei 273 K als auch bei 100 K im diamagnetischen LS-Zustand, was vor allem verschiedenen Wasserstoffbrückenbindungen zwischen Komplexmolekülen und co-kristallisiertem DMF zuzuschreiben ist. Mößbauerspektroskopie und magnetische Suszeptibilitätsmessungen bei Raumtemperatur identifizierten für alle pulvrigen Proben den paramagnetischen HS-Zustand. Mit leichten Unterschieden zeigten alle Verbindungen unvollständiges SCO-Verhalten. Diese Unterschiede konnten durch Pulverdiffraktometrie und diffuse Reflexionsspektroskopie auf kleine Packungsunterschiede zurückgeführt werden. DFT-basierte Rechnungen an einem modellhaften Ausschnitt aus der Polymerkette [(py)L1Fe(TTF(py)2)FeL1(py)] ergaben, dass ein Spinübergang mit einem enormen Spannungsaufbau innerhalb eines Polymerstrangs einhergeht. Dieser wurde als möglicher Grund für den unvollständigen Spinübergang identifiziert. Analysen der SCO-Energien deuteten auf eine vollständige Entkopplung der beiden Elektrophore TTF und Eisen(II) hin. Dies bestätigten cyclovoltammetrische Messungen, in denen alle Koordinationspolymere drei separate, reversible Oxidationsprozesse zeigten. Im Gegensatz zum Übergang Fe2+/Fe3+, welcher eine anodische Verschiebung um 100 mV aufwies, waren die Halbstufenpotentiale der beiden TTF-Oxidationen vergleichbar mit Literaturwerten.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde der Schiff-Base-artige Äquatorialligand TTFLH2 verwendet, bei dem die TTF-Einheit in das Ligand-Rückgrat integriert ist. Von diesem konnten kristallographische Daten erhalten werden, welche zeigten, dass die TTF-Einheit in ihrer neutralen und nicht oxidierten Form vorliegt. Es konnten zwei verschiedene Eisen(II)-Komplexe erhalten werden [FeTTFL(py)2] und {[FeTTFL(bpee)]∙0,75(tol)}n. Aufgrund fehlender kristallographischer Daten erfolgte eine Strukturzuordnung durch quantenmechanische Modellierung mit dem Komplex [FeL(py)2] als Referenzsystem. Eine Auswertung der UV-Vis-Spektren von [FeTTFL(py)2] und [FeL(py)2] ermöglichte die Identifizierung charakteristischer TTF-Banden. Durch eine TD-DFT-Modellierung wurde anschließend sowohl für [FeL(py)2] als auch für [FeTTFL(py)2] der HS-Zustand als dominierende Spezies in Lösung bei Raumtemperatur (RT) identifiziert. Für das LS-Spektrum wurden bei λ = 550 nm charakteristische Banden in beiden Komplexen vorhergesagt, welche tatsächlich bei λ = 530 nm durch Abkühlen einer Lösung der Komplexe nachgewiesen werden konnten. Der Ligand zeigte in cyclovoltammetrischen Untersuchungen zwei Oxidationen, von denen jedoch nur die erste vollständig reversibel war. DFT-basierte Rechnungen zeigten, dass ein Teil des zweiten Redoxprozesses auf den Aminogruppen der Schiff-Base-Einheit lokalisiert und damit nur quasireversibel ist. Im Gegensatz dazu konnten in den Koordinationsverbindungen drei reversible Oxidationen identifiziert werden. Nach Auswertung der Ergebnisse von [FeL(py)2] und TTFLH2 gelang eine erste Zuordnung der Elektrodenprozesse. Vergleichende spektroelektrochemische Untersuchungen von [FeTTFL(py)2] und dem Liganden sollten diese Zuordnung bestätigen. Es konnten Ähnlichkeiten in den UV-Vis-Spektren der ersten Oxidation des Komplexes und der des Liganden festgestellt werden. Diese legen eine Ladungsverschiebung von der TTF-Einheit hin zum entstandenen Eisen(III)-Zentrum in Folge der ersten Oxidation von [FeTTFL(py)2] nahe. Die magnetischen Suszeptibilitätsmessungen beider Komplexe zeigten SCO-Eigenschaften, wobei [FeTTFL(py)2] mit einer Übergangstemperatur von T1/2 = 146 K mehrmaliges Heizen auf 400 K tolerierte. Das Koordinationspolymer hingegen verzeichnete beim stufenweisen Heizen auf 400 K einen Verlust von co-kristallisiertem Toluol und damit einhergehend veränderte SCO-Eigenschaften. Durch temperaturabhängige Mößbauerspektroskopie konnte der Spinübergang von {[FeTTFL(bpee)]∙0,75(tol)}n nachvollzogen, jedoch kein eindeutiger Hinweis auf die Anwesenheit verschiedener Eisenplätze gefunden werden.
Das Einbringen von elektronenziehenden CF3-Gruppen führte im dritten Teil der Arbeit zu einer Modifikation des zuvor vorgestellten Liganden. Insgesamt konnten drei verschiedene Komplexe [FeTTFLCF3(py)2], [FeTTFLCF3(DMAP)2] und {[FeTTFLCF3(bpee)]}n erhalten werden. Von dem durch Pyridin axial koordinierten Komplex wurden kristallographische Daten erhalten. Diese zeigten, dass sich der Komplex bei 180 K im LS-Zustand befindet und neben Methanol auch co-kristallisiertes Pyridin enthält. Magnetische Suszeptibilitätsmessungen ergaben, dass [FeTTFLCF3(py)2] eher unvollständiges SCO-Verhalten zeigt und beim Heizen über 300 K hinaus Axialliganden verliert. Im Gegensatz dazu kann für [FeTTFLCF3(DMAP)2] ein sehr gradueller, vollständiger und für {[FeTTFLCF3(bpee)]}n ein nahezu vollständiger Spinübergang mit T1/2 = 187 K beobachtet werden. Temperaturabhängige 1H-NMR-Spektroskopie wurde an [FeTTFLCF3(py)2] und dem Referenzsystem [FeLCF3(py)2] durchgeführt, um zu prüfen, ob Packungseffekte für den beobachteten unvollständigen SCO verantwortlich sind. Beide Substanzen zeigten charakteristische, für SCO typische Veränderungen des 1H-NMR-Spektrums beim Kühlen. Cyclovoltammetrische Untersuchungen identifizierten für [FeTTFLCF3(py)2] und {[FeTTFLCF3(bpee)]}n drei reversible Redoxprozesse. Dabei war das Halbstufenpotential der Eisen(II)-Oxidation, bedingt durch die elektronenziehenden CF3-Gruppen, stark anodisch verschoben, was auf eine Wechselwirkung zwischen den beiden Redoxzentren hindeutete. UV-Vis spektroelektro-chemische Untersuchungen des freien Liganden TTFLCF3H2 und [FeTTFLCF3(py)2] bestätigten, dass die Redoxprozesse der ersten und zweiten Oxidation tatsächlich nicht isoliert betrachtet werden können. Vergleiche mit dem Referenzsystem und DFT-Rechnungen konnten das erste Redox-Ereignis bei Raumtemperatur als vorwiegend eisenzentriert identifizieren. Da in Lösung mittels 1H-NMR-Spektroskopie Spinübergangsverhalten beobachtet werden konnte, erfolgten cyclovoltammetrische Messungen von [FeTTFLCF3(py)2] und [FeLCF3(py)2] bei tiefen Temperaturen. Eine reversible Verschiebung des Eisen(II)-Elektrodenpotentials um ≈ 100 mV konnte in beiden Verbindungen beobachtet werden. Der TTF-basierte Komplex zeigte zusätzlich beim Kühlen eine reversible Aufspaltung des dritten elektrochemischen Oxidationssignals, was eine einzigartige Beobachtung ist.

Abstract in weiterer Sprache

The aim of this work was the synthesis of novel iron(II) complexes that exhibit redox-active behavior in addition to spin crossover properties. Tetrathiafulvalene is widely known for its two reversible and easily accessible redox processes. Thus, the intention was introducing it into the ligand sphere of SCO complexes.
In the first part of this thesis, the axial bridging bidentate ligand TTF(py)2 was combined with Schiffbase-like iron(II) complexes of the Jäger type [FeL] that have an [N2O2]2- coordination sphere. One-dimensional coordination polymers with two different equatorial ligands, from a total of three different solvents (dimethylformamide, acetonitrile, ethanol), could be isolated this way. Thereby, the structure of the complex {[FeL2(TTF(py)2)]∙2(DMF)}n was elucidated crystallographically. The complex is in the LS state at both 273 K and 100 K, which is mainly attributed to various hydrogen bonds between complex molecules and co-crystallized solvent molecules (DMF). Mössbauer spectroscopy and magnetic susceptibility measurements identify the paramagnetic HS state for all powdery samples at room temperature. With small differences, all complexes show incomplete SCO upon cooling. These differences were attributed to slight differences in crystal packing by X-ray powder diffraction and UV-Vis diffuse reflectance spectroscopy. DFT-based computation on a model fragment of the polymer chain [(py)L1Fe(TTF(py)2)FeL1(py)] showed that SCO coincides with an enormous build-up of strain within a polymer chain. This was identified as a possible reason for the incomplete SCO in all complexes. Considerations of computed SCO energies indicated complete decoupling of the electrophores TTF and iron(II). Cyclovoltammetric measurements confirmed the electronic decoupling with the presence of three separate reversible oxidation processes in all coordination polymers. In contrast to the Fe2+/Fe3+ transition, which was anodically shifted by 100 mV, the electrode potentials of both TTF oxidation agree with literature values.
In the second part of this thesis, the Schiff base-like ligand TTFLH2, where the TTF unit is incorporated in the ligand backbone, is used. Crystallographic data could be obtained from this novel ligand, which showed that the TTF unit is in its neutral and non-oxidized form. Two different coordination compounds [FeTTFL(py)2] and {[FeTTFL(bpee)]∙0.75(tol)}n were obtained. Due to the lack of crystallographic data structure assignment was performed by quantum chemical modelling with [FeL(py)2] as a reference system. Evaluation of the UV-Vis spectra of [FeTTFL(py)2] and [FeL(py)2] allowed the identification of characteristic TTF absorption bands. TD-DFT modeling identified the HS state as dominant species at room temperature for both complexes. For the LS spectrum, characteristic absorption was predicted at λ = 550 nm, which was detected at λ = 530 nm by cooling a solution of the complexes. Cyclic voltammetry of the ligand showed two oxidation processes, from which only the first one was fully reversible. DFT-based computation showed that part of the second redox process is localized on the amino groups of the Schiff base unit and is thus quasireversible. In contrast, three reversible oxidations were identified in the coordination compounds. By evaluating the results of [FeL(py)2] and TTFLH2, an assignment of the electrode processes succeeded. Comparative spectroelectrochemical studies of [FeTTFL(py)2] and the free ligand confirmed this assignment. Similarities were found in the UV-Vis spectra of the first oxidation of the complex and that of the ligand. These suggest a charge shift from the TTF unit to the formed iron(III) center after the first oxidation of [FeTTFL(py)2]. Magnetic susceptibility measurements showed SCO properties in both complexes, with [FeTTFL(py)2] tolerating multiple cycles of heating to 400 K with a transition temperature of T1/2 = 146 K. The coordination polymer, on the other hand, showed a loss of co-crystallized toluene upon stepwise heating up to 400 K, with a concomitant loss of SCO properties. Temperature-dependent Mössbauer spectroscopy traced the spin transition of {[FeTTFL(bpee)]∙0.75(tol)}n, but no clear indication of the presence of different iron centers was found.
The introduction of electron withdrawing CF3 groups led to a modification of the previously presented ligand in the third part of the work. In total, three different complexes [FeTTFLCF3(py)2], [FeTTFLCF3(DMAP)2] and {[FeTTFLCF3(bpee)]}n were obtained. Crystallographic data were obtained from the complex axially coordinated by pyridine, showing that the complex is in the LS state at 180 K and contains co-crystallized pyridine in addition to methanol. Magnetic susceptibility measurements showed that [FeTTFLCF3(py)2] exhibits rather incomplete SCO behavior and loses axial ligands when heated over 300 K. In contrast, [FeTTFLCF3(DMAP)2] showed a very gradual, complete spin transition and an almost complete spin transition can be observed for {[FeTTFLCF3(bpee)]}n with T1/2 = 187 K. Temperature-dependent 1H-NMR spectroscopy was performed on [FeTTFLCF3(py)2] and the reference system [FeLCF3(py)2] to test whether packing effects were responsible for the observed incomplete SCO. Both compounds showed characteristic changes in the 1H-NMR spectrum upon cooling, typical of SCO. Cyclovoltammetric studies revealed three reversible redox processes for [FeTTFLCF3(py)2] and {[FeTTFLCF3(bpee)]}n. Here, the electrode potential of the iron(II) oxidation was strongly anodically shifted due to the electron withdrawing CF3 groups, indicating an interaction between the two redox centers. UV-Vis spectroelectrochemical studies of the free ligand TTFLCF3H2 and [FeTTFLCF3(py)2] confir-med that the redox processes of the first and second oxidation indeed cannot be considered as isolated processes. Comparisons with the reference system and DFT computation identified the first redox event as predominantly iron-centered at room temperature. Since spin transition behavior could be observed in solution by 1H-NMR spectroscopy, cyclic voltammetry of [FeTTFLCF3(py)2] and [FeLCF3(py)2] was performed at low temperatures. A reversible shift of the iron(II) electrode potential by ≈ 100 mV was observed in both compounds. The TTF-based complex additionally showed reversible splitting of the third electrochemical oxidation wave upon cooling, which is an unique observation so far.

Weitere Angaben

Publikationsform: Dissertation
Keywords: Eisen(II); Spin Crossover; Tetrathiafulvalen; TTF; redoxaktiv; Cyclovoltammetrie
Institutionen der Universität: Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften
Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften > Fachgruppe Chemie > Professur Anorganische Chemie IV
Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften > Fachgruppe Chemie > Professur Anorganische Chemie IV > Professur Anorganische Chemie IV - Univ.-Prof. Dr. Birgit Weber
Graduierteneinrichtungen > University of Bayreuth Graduate School
Graduierteneinrichtungen > Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT
Graduierteneinrichtungen > Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT > Materialchemie und Katalyse
Fakultäten
Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften > Fachgruppe Chemie
Graduierteneinrichtungen
Titel an der UBT entstanden: Ja
Themengebiete aus DDC: 500 Naturwissenschaften und Mathematik
500 Naturwissenschaften und Mathematik > 540 Chemie
Eingestellt am: 06 Nov 2021 22:00
Letzte Änderung: 08 Nov 2021 06:13
URI: https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/67703