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Charakterisierung der parasitischen Infektion mit Amoeboaphelidium protococcarum in Mikroalgengemeinschaften

Titelangaben

Höger, Anna-Lena:
Charakterisierung der parasitischen Infektion mit Amoeboaphelidium protococcarum in Mikroalgengemeinschaften.
Bayreuth , 2023 . - 171 S.
( Dissertation, 2023 , Universität Bayreuth, Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT)
DOI: https://doi.org/10.15495/EPub_UBT_00007072

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Abstract

In den letzten Jahren hat die Nachfrage nach Mikroalgenprodukten auf dem Markt zugenommen, aber eine nachhaltige industrielle Produktion wird immer noch durch die biologische Stabilität der Produktionsanlagen im großen Maßstab beschränkt. Die Beziehungen zwischen Algenwirten, dem zugehörigen Mikrobiom und parasitischen Kontaminanten in Photobioreaktoren sind jedoch noch weitgehend unerforscht. Im Rahmen dieser Arbeit wurde der bisher unbekannte parasitäre Aphelidien-Stamm AI15TR charakterisiert und Untersuchungen zum Infektionsverlaufs bei verschiedenen Mikroalgenarten und deren zugehörigen bakteriellen Mikrobiomen vorgenommen, sowie präventive Methoden zur Bekämpfung der parasitären Algeninfektion erprobt. Der bis dato unbekannte parasitische Wasserpilz AI15TR, der 2013 erstmalig in Tannenbaumreaktoren des Biosolarzentrums an der Hochschule Anhalt auftrat, konnte sowohl anhand der charakteristischen morphologischen Merkmale und des typischen Lebenszyklus sowie der 18S rRNA Gen-Sequenz eindeutig der Spezies Amoeboaphelidium protococcarum zugeordnet werden. Wie andere Aphelidien weist A. protococcarum AI15TR ein sehr spezifisches Pathogenitätsmuster auf. Die höchste Virulenz wurde bei Vertretern der Familie Scenedesmacae festgestellt, bei den Vertretern der Ordnung Chlorellales wurde eine verzögerte und abgeschwächte Virulenz festgestellt, während andere Grünalgenarten keine Infektion aufwiesen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Anfälligkeit gegenüber einer Infektion mit A. protococcarum mit wachsender phylogenetischer Distanz zum Hauptwirt S. vacuolatus sinkt. Von der Kultivierungsumgebung blieb der Infektionsablauf hingegen weitestgehend unverändert. Die Analyse des assoziierten bakteriellen Mikrobioms wurde mittels 16S rRNA Gen Amplikon-sequenzierung vorgenommen. Die Zusammensetzung der bakteriellen Gemeinschaften wurde auf Phylum-Ebene bei allen untersuchten Algenwirten hauptsächlich von klassischen aquatischen Taxa wie α- und γ-Proteobakterien dominiert. Auf Gattungsebene wurde jedoch für jede Algenart eine unterschiedliche und stabile Komposition der bakteriellen Gemeinschaft beobachtet, sodass davon auszugehen ist, dass die Konsortien sehr eng an die jeweilige Algenspezies angepasst waren. Das mit Scenedesmus vacuolatus assoziierte Mikrobiom setzte sich hauptsächlich aus Vertretern der Gattungen Hydrogenophaga (17,1 %), Sphingomonas (15,0 %) und Brevundimonas (14,6 %) zusammen. Die bakterielle Gemeinschaft in Chlorella sorokiniana Kulturen zeichnete sich vornehmlich durch Porphyrobacter (49,7 %) und Brevundimonas (10,4 %) aus. Desmodesmus quadricauda-Kulturen wurden von den Gattungen Sphingopyxis (36,3 %), Blastomonas (23,2 %) und Brevundimonas (15,6 %) dominiert, wohingehen das Mikrobiom von Botryococcus braunii mehrheitlich aus Porphyrobacter (20,7 %), Sphingopyxis (15,5 %), and Hydrogenophaga (13,2 %) bestand. Eine PERMANOVA-Analyse der β-Diversität basierend auf Bray-Curtis und gewichteten Unifrac Distanzen bestätigt, dass 58,6 % bzw. 41,1 % der Variabilität der Daten durch den Algenwirt erklärt werden können, während die Kulturbehandlung mit 7,7 % bzw. 8,7 % nur wenig Einfluss nimmt. Durch eine Infektion mit A. protococcarum AI15TR nahm die bakterielle Vielfalt in den Kulturen zu und die Struktur und Zusammensetzung der Gemeinschaften veränderten sich. Darüber hinaus konnte eine Verschiebung der potenziellen funktionellen Eigenschaften der Bakterien hin zu Funktionen, die mit Entgiftung, Öl-Bioremediation und Zellulolyse zusammenhängen, beobachtet werden. Die Ergebnisse der massenspektrometrischen Proteom-Analyse mittels nanoLC-MS/MS konnten die Annahmen zur funktionellen Veränderung der bakteriellen Gemeinschaft bestätigen. Es wurde ein deutlicher Anstieg der bakteriellen Proteinhäufigkeit, sowie eine starke Verschiebung der Funktionsprofile innerhalb der bakteriellen Gemeinschaft während der Infektion mit A. protococcarum AI15TR festgestellt. Die meisten Proteine, die häufiger in infizierten Algenkulturen gefunden wurden, waren mit Stoffwechselprozessen (ca. 55 %) von Aminosäuren, Lipiden, Coenzymen, Nukleotiden und Kohlenhydraten sowie der Energieproduktion assoziiert. Dieser Shift in infizierten Kulturen deutet darauf hin, dass die assoziierten Bakterien ihren Stoffwechsel anpassen, um neue Nährstoffe aus der absterbenden Algenbiomasse verarbeiten zu können. So wurden beispielsweise überexprimierte Proteine gefunden, die zum Abbau von Proteinen, zum Transport von Nährstoffen in die Zelle, zur Biosynthese von Aminosäuren und zur Erzeugung von Energie beisteuern. Des Weiteren wurden für mehrere Proteine, die mit pathogenen Interaktionen zwischen Bakterien und Pflanzen in Verbindung stehen, erhöhte Abundanzen detektiert. Diese funktionellen Verschiebungen deuten darauf hin, dass Mitglieder der Bakteriengemeinschaft, die in nicht infizierten Algenkulturen an synergistischen Interaktionen beteiligt sind, zu opportunistischen Lebensweisen übergehen, sobald die Algenkultur von A. protococcarum infiziert wird und dazu beitragen, verletzte oder abgestorbene Algenzellen zu zersetzen. Die Ergebnisse der Behandlungsexperimente konnten zeigen, dass Aphelidien-Infektionen durch abiotische Kultivierungsfaktoren wie anoxische Dunkelphasen, um 82 % verlangsamt werden konnten. Des Weiteren wurde gezeigt, dass auch biotische Interaktionen einen deutlichen Einfluss auf den Verlauf auf Aphelidien-Infektionen haben können. Mehrere Artenkombinationen wiesen eine ähnlich gute Produktivität wie die untersuchte S. vacuolatus-Monokultur auf und gleichzeitig wurde eine deutlich geringere Auswirkung der Infektion mit A. protococcarum AI15TR beobachtet. Auch durch den Einsatz sorgfältig ausgewählter bakterieller Konsortien ist eine Verbesserung der Stabilität von Produktionssystemen möglich. Durch die Co-Kultivierung von S. vacuolatus mit Pseudomonas protegens konnte eine um 93 (V₇₅₀) bzw. 68 (V₆₈₅) Prozentpunkte verminderte Virulenz, sowie eine extreme Verzögerung der Infektion um 365 % erreicht werden.

Abstract in weiterer Sprache

In recent years, the market demand for microalgal products has increased, but sustainable industrial production is still troubled by the biological stability of large-scale production plants. However, the relationships between algal hosts, the associated microbiome and pathogens in photobioreactors are still largely unexplored. In this work, the parasitic strain AI15TR was characterized and an investigation on the infection in different microalgal species and their associated bacterial microbiomes was performed, as well as preventive methods to control the parasitic infection were tested. The previously unknown aphelid strain AI15TR, which first appeared in 2013 in the christmastree reactors of the Biosolar Center at Anhalt University of Applied Sciences, could be assigned to the species Amoeboaphelidium protococcarum based on both the characteristic morphological features and the typical life cycle as well as the 18S rRNA gene sequence. Like other aphelids, A. protococcarum AI15TR exhibits a very specific pathogenicity pattern. The most severe infestation was observed in representatives of the family Scenedesmacae, delayed and attenuated virulence was observed in representatives of the order Chlorellales, while other green algal species showed no signs of infection. The results indicate that susceptibility to A. protococcarum infection decreases with increasing phylogenetic distance from the main host S. vacuolatus. The course of infection remained largely unchanged from the cultivation environment. Analysis of the associated bacterial microbiome was performed by 16S rRNA gene amplicon sequencing. The bacterial community compositions were mainly dominated by classical limnic taxa such as α- and γ-proteobacteria for all algal hosts studied. However, at the genus level, different and stable bacterial community compositions were observed for each algal species, suggesting that the consortia were very distinctly adapted to each algal species. The microbiome associated with Scenedesmus vacuolatus was mainly composed of operational taxonomic units (OTUs) of the genera Hydrogenophaga (17.1 %), Sphingomonas (15.0 %) and Brevundimonas (14.6 %). In contrast, the bacterial community in Chlorella sorokiniana cultures was characterized primarily by representatives of the genera Porphyrobacter (49.7 %) and Brevundimonas (10.4 %). Desmodesmus quadricauda cultures were dominated by the genera Sphingopyxis (36.3 %), Blastomonas (23.2 %), and Brevundimonas (15.6 %), while the bacterial community of Botryococcus braunii was composed of a majority of Porphyrobacter (20.7 %), Sphingopyxis (15.5 %), and Hydrogenophaga (13.2 %). A PERMANOVA analysis of β-diversity based on Bray-Curtis and weighted Unifrac distances confirmed that 58.6 % and 41.1 % of the variability in the data could be explained by the algal host, while culture treatment only had little effect, at 7.7 % and 8.7 %, respectively. Infection with A. protococcarum AI15TR increased bacterial diversity in the cultures and community structure and composition changed during the course of infection. Moreover, a shift in the potential functional properties of bacteria towards functions related to detoxification, oil bioremediation and cellulolysis was observed. The results of mass spectrometric proteomic analysis by nanoLC-MS/MS were able to confirm the initial assumptions on the functional change of the bacterial community. A significant increase in bacterial protein abundance, as well as a strong shift in functional profiles within the bacterial community during infection with A. protococcarum AI15TR compared to uninfected S. vacuolatus cultures, was detected. Most proteins found more abundantly in infected algal cultures were associated with various metabolic processes (approximately 55 %). This shift suggests that the associated bacteria adapt their metabolism to process new nutrients from the dying algal biomass. For example, overexpressed proteins were found to contribute to protein degradation, transport of nutrients into the cell, biosynthesis of amino acids, and generation of energy and biosynthetic components. Furthermore, increased abundances were detected for several proteins associated with pathogenic interactions between bacteria and plants. These functional shifts suggest that members of the bacterial community involved in synergistic interactions in healthy algal cultures shift to opportunistic lifestyles once the algal culture becomes infected by A. protococcarum and then contribute to decomposing injured or dead algal cells. The results of the treatment experiments were able to show that infection with A. protococcarum AI15TR could be reduced by 82 % by the adaption of abiotic cultivation factors, such as anoxic dark phases. Furthermore, it was shown that biotic interactions can also have a significant impact on the progression to aphelid infections. Several algal species combinations in mixed cultures demonstrated similar productivities as a S. vacuolatus monoculture and at the same time exhibited lower virulence of infection with A. protococcarum. These results support the hypothesis that diverse polycultures can provide a more stable production than monocultures over a longer period of time. Furthermore, the use of carefully selected bacterial consortia can also improve the stability of production systems. Co-culturing Pseudomonas protegens with S. vacuolatus resulted in 93 (V₇₅₀) and 68 (V₆₈₅) percentage points of reduced virulence over 14 days, as well as an extreme delay in infection of 365 %.

Weitere Angaben

Publikationsform: Dissertation
Keywords: Mikroalgen; bakterielle Gemeinschaft; parasitische Infektion; Aphelidien
Institutionen der Universität: Graduierteneinrichtungen > Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT
Graduierteneinrichtungen
Titel an der UBT entstanden: Ja
Themengebiete aus DDC: 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 500 Naturwissenschaften
500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften; Biologie
Eingestellt am: 08 Jul 2023 21:00
Letzte Änderung: 08 Jul 2023 21:00
URI: https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/86058