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Energieeffizienz und Emissionen der Lichtbogenöfen in der Stahlindustrie

Titelangaben

Kirschen, Marcus:
Energieeffizienz und Emissionen der Lichtbogenöfen in der Stahlindustrie.
Düsseldorf : Verlag Stahleisen , 2007 . - V, 213 S.
ISBN 978-3-514-00739-0

Abstract

Umfassende Modelle und Maßnahmen zur Optimierung des Lichtbogenofenprozesses erfordern
eine genaue Kenntnis der Energieströme einerseits und der Abgasemissionen andererseits.
Gerade diese Informationen sind oft nicht verfügbar im Elektrostahlbetrieb aufgrund
technischer Schwierigkeiten oder wegen des großen Wartungsaufwandes für Abgasmessungen
unmittelbar am Lichtbogenofen. Das Institut für Industrieofenbau und Wärmetechnik,
RWTH Aachen, führte Abgasmessungen an verschiedenen Lichtbogenöfen in der
Stahlindustrie durch. Zum Teil wurden Abgasmessungen an mehreren Punkten in der Entstaubungsanlage
simultan durchgeführt zur Bestimmung des ansonsten völlig unbekannten
Luftvolumenstroms am Spalt zwischen Deckelkrümmer und Heißgasrohr. In dieser Arbeit
wird der Stand der Technik der Abgasmessungen am Lichtbogenofen vorgestellt und erste
Hinweise zur Prozessverbesserung einzelner Lichtbogenöfen aus aktuellen Abgasmessungen
gegeben.
Abgasmessungen vervollständigen die Betriebsdaten, die zur Erstellung vollständiger Massen-
und Energiebilanzen erforderlich sind. Anhand aktueller Energiebilanzen kann der
Lichtbogenofenprozess bzgl. der Abgasenergie und der Energieeffizienz bewertet werden.
Vollständige Energiebilanzen aus eigenen Messungen und aus Publikationen der letzten 15
Jahre weisen Gesamtenergieumsätze zwischen 600 kWh/t und 850 kWh/t und Nutzungsgrade
zwischen 40 % und 70 % aus. Ofenkonzepte mit Schrottvorwärmung erreichen hohe
Energieeffizienzwerte bis 70 %.
Messungen der Abgas- und Luftvolumenströme dokumentieren die Effizienz der Entstaubungsanlage
in Kombination mit dem Lichtbogenofen. Durch eine ofendruckgeregelte Entstaubung
des Lichtbogenofens kann die spezifische Abgasmenge und Abgasenthalpie drastisch
reduziert werden.
Die Verbesserung der Messtechnik zur Abgasanalyse am Lichtbogenofen mit minimalem
Zeitverzug (z.B. Laserabsorptionsspektrometrie) eröffnet neue Möglichkeiten zur Prozessmodellierung,
zum verbesserten Prozessverständnis und zu einer weiteren Steigerung der
Produktivität und Energieeffizienz durch eine online-Visualisierung der Energieströme und
durch die Entwicklung von on-line Prozessmodellen. Bestehende dynamische Prozessmodelle
zur Berechnung der Schmelzentemperatur bzw. Zeitpunkte des Chargierens können
zur zeitnahen Optimierung des Energieeintrags erweitert werden.
Ergänzende CFD Simulationen der Gasströmung liefern detaillierte Informationen über Verteilungen
der Gastemperatur, Gasstrahlung und Gasgeschwindigkeit, der CO-Nachverbrennung
mit Luft und der NO-Bildung im Ofen und in der Primärentstaubungsanlage. Zur Modellierung
der instationären Strömungen und Verbrennungen in der Entstaubungsanlage
über lange Zeiträume werden dagegen Simulationsmodelle angewendet, die auf Zellenmodellen
der Entstaubungsanlage basieren. In diesen Simulationsmodellen werden detaillierte
Modelle des Wärmeübergangs vom Abgas in die Wasserkühlung berücksichtigt.
Abgasmessungen am Lichtbogenofen liefern die notwendigen Daten zur Beurteilung der
tatsächlichen CO2- und NOx-Emissionen des Lichtbogenofens und dokumentieren eine erhebliche
Variabilität der aktuellen Emissionswerte. Ein aktueller Benchmark der Deutschen Emissionshandelsstelle zur Berechnung der CO2-Emissionswerte der Elektrostahlwerke in
Deutschland wird anhand von Kohlenstoffmassenbilanzen des Elektrostahlprozesses bewertet.
Eine explizite Berücksichtigung des Gesamtenergieumsatzes im Benchmark ist wegen
der überwiegend prozessbedingten Kohlenstoffumsätze nicht zulässig. Nach den vorliegenden
Daten erhöht der Einsatz von Erdgas die Energieeffizienz nicht zwangsläufig,
sondern reduziert den spezifischen elektrischen Energiebedarf. Dagegen wird die energiebedingte
CO2-Emission durch die Verbrennung von Erdgas im Lichtbogenofen gesenkt,
falls eine bestimmte Effizienz der Substitution übertroffen wird: 5.5 kWhel/m3
Erdgas. Der Erdgaseinsatz
im Lichtbogenofen reduziert daher i. A. die energiebedingte CO2-Emission.
Während die CO2-Emission vollständig vom Kohlenstoffeinsatz (Schrott, Kohle, Cr-, Ni-
Legierungen, Erdgas) abhängt, ist die NOx-Emission von vielen Betriebsparametern abhängig
(Zündungen des Lichtbogens in oxidierender Atmosphäre, Falschluftvolumenstrom
in den Ofen), allerdings nicht vom chemischen Energieeinsatz (d.h. Kohle, Lanzensauerstoff).
Eine geregelte Ofenentstaubung minimiert den Falschluftvolumenstrom in den Ofen
und reduziert die mittlere NOx-Emission eines Lichtbogenofens beispielsweise auf 55 % bei
ansonsten ungeänderten Betriebsparametern.
Anhand der Abgasmessungen kann die eindeutige Korrelation der NOx-Emission mit der
N2-Menge im Ofen und in der Nachverbrennungszone nachgewiesen werden. Eine Korrelation
mit der freien O2-Menge im Abgas wird dagegen nicht dokumentiert aufgrund der
komplexen Oxidationsvorgänge in Stahlschmelze, Schlacke und Gasphase. In ergänzenden
Versuchen an einem luftdichten Plasma-Laborofen des Instituts für Industrieofenbau
wird gezeigt, dass in reinen N2-CO-CO2-Ofenatmosphären kein freier Sauerstoff zur NOBildung
notwendig ist. Die NOx-Emission der Plasma-Versuchsanlage steigt dagegen mit
zunehmendem Gesamtsauerstoffgehalt (O2+CO+CO2) am Abgasaustritt. Die Minimierung
der NOx-Emission eines Lichtbogenofens mit Sauerstoffinjektoren erfordert daher die Minimierung
des N2-Volumenstroms in den Ofen.
Mittels linearen Regressionen wurden empirische Modelle des Gesamtenergieumsatzes
(Modell von Adams) und - mit großem Erfolg - des elektrischen Energiebedarfs (Modell von
Köhle) von Lichtbogenöfen entwickelt. Die entsprechenden, statistisch ermittelten Korrelationskoeffizienten
zwischen Betriebsparametern und elektrischem Energiebedarf werden
einer thermodynamischen Analyse - basierend auf der Energiebilanz des Lichtbogenofens
- gegenübergestellt und verglichen.
Das Abgas führt die Oxidationsprodukte von Kohlenstoff vollständig aus dem Ofen. Daher
liegt es auf der Hand, die Abgasanalyse zur Visualisierung der Entkohlung der Stahlschmelze
zu verwenden. In dieser Arbeit wird eine Möglichkeit vorgestellt, anhand der Abgasanalyse
und thermochemischen Berechnungen die Entkohlung von hoch legierten Schmelzen
zugunsten einer minimalen Chromverschlackung zu kontrollieren.
Auf der Basis der vorliegenden Arbeit werden 2006-2009 zwei weitere RFCS-finanzierte
Forschungsprojekte2 mit Elektrostahlwerken und Forschungsinstituten in Deutschland, Italien,
Österreich, Belgien und Luxemburg und einer Förderung von insgesamt über 2.2 Mio.
Euro durchgeführt werden.

Weitere Angaben

Publikationsform: Buch / Monografie
Zusätzliche Informationen: Zugl.: Aachen, Techn. Hochsch., Habil.-Schr., 2006
Institutionen der Universität: Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften
Forschungseinrichtungen > Institute in Verbindung mit der Universität > Fraunhofer-Zentrum für Hochtemperatur-Leichtbau (HTL)
Fakultäten
Forschungseinrichtungen
Forschungseinrichtungen > Institute in Verbindung mit der Universität
Titel an der UBT entstanden: Nein
Themengebiete aus DDC: 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften
Eingestellt am: 14 Jun 2019 08:14
Letzte Änderung: 14 Jun 2019 08:14
URI: https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/49529