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In vitro-Evolution und Analyse der biophysikalischen Grundlagen der Proteinstabilität

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Martin, Andreas:
In vitro-Evolution und Analyse der biophysikalischen Grundlagen der Proteinstabilität.
Bayreuth , 2003
( Dissertation, 2003 , Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)

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Abstract

In der vorliegenden Arbeit wurde Proside, ein Selektionssystem für stabilisierte Proteine, weiterentwickelt und dafür genutzt, die molekularen Ursachen erhöhter Proteinstabilität zu analysieren. Für diese in vitro-Evolutionsexperimente diente das Kälteschockprotein Bs-CspB aus Bacillus subtilis als Modellprotein. Zusätzlich wurde das Gen-3-Protein (G3P) des Phagen fd, eine essentielle Komponente von Proside, thermodynamisch charakterisiert und sein Faltungsmechanismus aufgeklärt. Proside basiert auf phage display und verknüpft die thermodynamische Stabilität eines Proteins mit einem sehr gut selektierbaren Parameter, der Infektiosität filamentöser Phagen. Die Größe der selektierbaren Mutantenbibliotheken konnte durch Veränderungen des Phagenkonstrukts und der zu ihrer Erstellung verwendeten molekularbiologischen Methoden auf mehr als 108 Varianten gesteigert werden. Gleichzeitig wurde mit diesen Modifikationen der rekombinationsbedingte Verlust von Gastproteinsequenzen aus dem Phagengenom deutlich reduziert. Das Gen-3-Protein, in welches diese Gastproteine inseriert werden, wurde mittels Proside um mehr als 10 kJ/mol stabilisiert. Somit sind jetzt in vitro-Selektionen bei Temperaturen von bis zu 60 °C möglich, ohne dass die Stabilität der Phagenproteine selbst limitierend für die Optimierung der Gastproteine wirkt. Das Potential der so optimierten Proside-Methode konnte anhand der Selektionen stark stabilisierter Varianten von Bs-Csp gezeigt werden. Dieses Protein unterscheidet sich von seinem um 15,8 kJ/mol stabileren Homologen Bc-Csp aus dem thermophilen Bacillus caldolyticus in 12 von 67 Resten, die alle an der Oberfläche des Proteins liegen. Die in vitro-Selektionen nach Sättigungsmutagenese an sechs dieser zwölf Positionen in Bs-CspB lieferten eine Vielzahl von stabilisierten Mutanten, die, abhängig von den Selektionsbedingungen, unterschiedliche Stabilisierungsprinzipien aufzeigten. Während bei der Selektion in Gegenwart des ionischen Denaturierungsmittels GdmCl vor allem die hydrophoben Wechselwirkungen verbessert wurden, führte die Selektion bei erhöhter Temperatur zusätzlich zur Optimierung der Coulomb´schen Wechselwirkungen auf der Proteinoberfläche. Für die stabilste der selektierten Varianten von Bs-CspB ist der Mittelpunkt des thermischen Entfaltungsübergangs um mehr als 28 Grad relativ zum Wildtypprotein angehoben und liegt damit auch deutlich höher als der Wert des thermostabilen Referenzproteins Bc-Csp. Die Variante unterscheidet sich von Bc-Csp an allen sechs randomisierten Positionen. Dennoch nutzen die beiden Proteine ähnliche Strategien für eine hohe Thermostabilität, insbesondere zeichnen sie sich durch eine im Vergleich zu Bs-CspB optimierte Verteilung der Oberflächenladungen aus. Ladungsnetzwerke auf der Proteinoberfläche sind für die Thermostabilität der Kälteschockproteine sehr wichtig. Basierend auf diesen Erkenntnissen war es möglich, ein hyperstabiles Kälteschockprotein mit lediglich vier Austauschen relativ zu Bs-CspB zu konstruieren. Der Schmelzpunkt dieser Variante liegt bei 85,6 °C, d.h. 31,6 Grad über dem des Wildtypproteins. Sie ist damit sogar stabiler als das homologe Csp aus dem hyperthermophilen Organismus Thermotoga maritima. Die Stabilitätsuntersuchungen des für die Phageninfektion essentiellen N-terminalen Fragments des Gen-3-Proteins reflektieren dessen Aufbau aus den beiden Domänen N1 und N2. Während die Stabilität der Domäne N1 unabhängig von Domäne N2 ist, wird Domäne N2 wesentlich durch die Interdomänenwechselwirkungen mit N1 stabilisiert, und ihre Entfaltung ist mit der Domänendissoziation gekoppelt. Die vier mittels Proside gefundenen Mutationen in G3P stabilisieren beide Domänen unabhängig voneinander und verdeutlichen die generellen Prinzipien, die der Stabilität von Zweidomänenproteinen zugrunde liegen. Neben der Erhöhung der intrinsischen Stabilitäten der individuellen Domänen spielt die Verbesserung der Domäneninteraktionen eine entscheidende Rolle für die Stabilisierung des gesamten Proteins. Die Rückfaltung von G3P ist ein sequentieller Prozess. Domäne N1 faltet innerhalb weniger Millisekunden, gefolgt von der Faltung der N2-Domäne, die nach etwa 3 min abgeschlossen ist. Im letzten Schritt assoziieren die beiden Domänen in einer extrem langsamen Reaktion. Sie zeigt eine Zeitkonstante von 6200 s (bei 25 °C) und ist in ihrer Rate limitiert durch die trans-cis-Isomerisierung an Pro213 in der Gelenksubdomäne von N2. Durch die Assoziation von N1 und N2 werden beide Domänen in ihrer Entfaltung gekoppelt, so dass Domäne N1 bis zu 150.000-fach langsamer entfaltet als in isolierter Form. Die Prolin-limitierte sehr langsame Domänenassoziation ist möglicherweise für die Funktion des G3P bei der Infektion von E. coli von Bedeutung. Sie erlaubt es, die Domänen nach Bindung an den F-Pilus so lange dissoziiert zu halten, bis der Pilus zurückgezogen ist und Domäne N1 mit dem Corezeptor TolA an der Zelloberfläche wechselwirken kann.

Abstract in weiterer Sprache

In this work Proside, a selection method for stabilizing proteins, was further developed and applied to analyze the molecular origins of protein stability. As a model protein for these in vitro-evolution experiments the cold shock protein Bs-CspB from Bacillus subtilis was used. In addition, the gene-3-protein (G3P) of filamentous phage fd, an essential component of Proside, was thermodynamically characterized and its folding mechanism elucidated. Proside is based on phage display, and it links the thermodynamic stability of a protein with a well selectable property, the phage infectivity. The size of the phage libraries for selections could be increased to about 108 variants by modifications of the phage construct and of the methods that are used to create these libraries. At the same time, the loss of guest protein sequences due to recombination was strongly reduced. By means of Proside, the stability of the phage gene-3-protein itself, in which the guest proteins are inserted, was increased by more than 10 kJ/mol. With this improved phage in vitro-selections are now possible at up to 60 °C, and the stability of the phage proteins is not limiting for the evolution of the inserted guest protein. The efficiency of the Proside method could be demonstrated by the selections of strongly stabilized variants of Bs-CspB. Bs-CspB is 15.8 kJ/mol less stable than its homolog Bc-Csp from the thermophile Bacillus caldolyticus. The two proteins differ in 12 out of 67 residues, which are all located at the protein surface. Saturation mutagenesis at six of these 12 positions (2, 3, 46, 64, 66, and 67) and in vitro-selections with Proside yielded many stabilized mutants, that revealed different principles for stabilization depending on the selection conditions. In the presence of the ionic denaturant GdmCl variants with improved hydrophobic interactions were selected, whereas the selection at elevated temperature led to an optimization of coulombic interactions at the protein surface. For the most stable selected variant of Bs-CspB the midpoint of thermal unfolding transition increased by more than 28 degrees relative to the wild type protein and is thus much higher than the midpoint found for the thermostable reference Bc-Csp. The selected variant differs from Bc-Csp at all six randomized positions, but the two proteins use similar strategies to reach a high thermostability. In particular, they show an optimized surface charge distribution compared to wild-type Bs-CspB. The detailed analysis of the contributions of single amino acid substitutions in the most stable selected variant suggested that ion networks at the protein surface are of particular importance for the thermostability of the cold shock proteins. Based on the selection results a hyperstable cold shock protein with only four mutations relative to Bs-CspB was constructed. Its melting point of 85.6 °C is 31.6 degrees higher than the value for the wild-type protein, and even higher than the melting point of the homologous Csp from the hyperthermophile Thermotoga maritima. By means of sequence comparisons and rational design such a strong stabilization would have been hardly possible. The N-terminal fragment of the gene-3-protein of phage fd contains two domains, N1 and N2, and this composition of two structural entities is reflected in the observed thermodynamic parameters. The stability of domain N1 is independent of the presence of domain N2, whereas domain N2 strongly gains in stability by the interdomain contacts with N1 and its unfolding is coupled with domain dissociation. The four mutations that were selected by Proside within G3P stabilize the two domains in an independent fashion and they point to general principles that govern the stability of two-domain proteins. In addition to the stabilization of individual domains, the improvement of domain interactions contributes considerably to the increased stability of the entire protein. The kinetics of refolding of G3P turned out to be a sequential process. First domain N1 folds within a few milliseconds, followed by the folding of domain N2, which is completed after about 3 min. In the last step of refolding the two prefolded domains assemble in an extremely slow reaction. This domain docking shows a time constant of 6200 s (at 25 °C) and it is limited in rate by the trans-cis-isomerization of Pro213 in the hinge subdomain of N2. The docking of N1 and N2 links the two domains kinetically, and the unfolding of domain N1 is decelerated up to 150,000-fold by the interaction with N2. Possibly, this proline-limited slow domain docking is relevant for the function of G3P in the infection process. The kinetic block in the domain re-assembly reaction would ensure that, once N1 and N2 became separated upon binding to the F pilus, domain closure is suppressed long enough so that N1 can interact with its receptor TolA after the pilus has been retracted.

Weitere Angaben

Publikationsform: Dissertation
Keywords: Proteinfaltung; Thermodynamische Stabilität; Selektion; Bakteriophage fd; Proside; in vitro-Evolution; Kälteschockprotein; Gen-3-Protein; Proside; in vitro-evolution; cold shock protein; gene-3-protein
Institutionen der Universität: Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften > Fachgruppe Chemie
Fakultäten
Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften
Titel an der UBT entstanden: Ja
Themengebiete aus DDC: 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 540 Chemie
Eingestellt am: 01 Mai 2015 10:57
Letzte Änderung: 01 Mai 2015 10:57
URI: https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/12004