Titelangaben
Strauß, Martin:
Der Transkriptionskomplex und die Nus-Faktoren : Ein Netzwerk an Interaktionen.
Bayreuth
,
2016
. - VI, 150 S.
(
Dissertation,
2015
, Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)
Abstract
Die Synthese von Ribonukleinsäuren (RNAs) ist ein zentraler Prozess in allen Organismen, wobei die RNA-Polymerase (RNAP) hierbei das wichtigste Enzym ist. In Bakterien besteht diese aus den fünf Untereinheiten α2ββ’ω. Der Ablauf der Transkription kann in die Phasen Initiation, Elongation und Termination unterteilt werden, die alle stark reguliert sind und von zahlreichen Faktoren beeinflusst werden. Die N utilization substances (Nus) NusA, NusB, NusE und NusG spielen hierbei eine wichtige Rolle, indem sie beispielsweise die Elongationsrate der RNAP modulieren oder die RNAP in eine terminationsresistente Form überführen. Die molekulare Basis der Interaktion der Nus-Faktoren mit der RNAP sowie mögliche Wechselwirkungen der Nus-Faktoren untereinander sind zu großen Teilen unbekannt, jedoch essentiell für ein umfassendes Verständnis der Transkriptionsregulation.
NusG ist als einziger Transkriptionsfaktor in Bakterien, Archaeen und Eukaryoten konserviert und hat eine Vielzahl von Aufgaben bei der Gen-expression. Er besteht aus einer N- und einer C-terminalen Domäne (NTD und CTD), die in vielen Organismen flexibel miteinander verknüpft sind. NusG aus dem Humanpathogen Mycobacterium tuberculosis (MtNusG) zeigt einige regulatorische Unterschiede zu NusG aus E-scherichia coli (EcNusG), da MtNusG beispielsweise die intrinsische Ter-mination stimuliert, während EcNusG keinen Einfluss darauf hat. In die-ser Arbeit wurde die Struktur der MtNusG-CTD in Lösung bestimmt und ein Modell der MtNusG-NTD generiert. Insgesamt ähnelt MtNusG strukturell stark EcNusG und wie bei diesem interagieren NTD und CTD nicht miteinander, was mittels Kernspinresonanz (NMR)-Spektroskopie de-monstriert wurde. Im Vergleich zu EcNusG ist allerdings sowohl der Ami-noterminus als auch der Linker zwischen den Domänen verlängert. Da diese Bereiche aber nicht für die funktionellen Unterschiede verantwort-lich sind, ist vermutlich die Bindung von MtNusG an die RNAP anders als bei EcNusG.
NusA besteht aus sechs Domänen und beeinflusst insbesondere die Elongation und die Termination. In dieser Arbeit wurde erstmals eine spezifische, direkte Interaktion zwischen NusG-NTD und der C-terminalen Domäne von NusA, NusA-AR2, über NMR-Spektroskopie und pulldown-Assays nachgewiesen. In vitro-Transkriptionstests ergaben weiterhin, dass NusA und NusG gemeinsam eine Pause induzieren können, die ein Faktor alleine nicht hervorruft. Zusammen mit den Ergebnis-sen von NMR-Verdrängungsexperimenten deuten die Daten darauf hin, dass die Interaktion bei der Rekrutierung von NusG an die RNAP, bei der Synchronisation von Transkription und Translation oder bei der Regulati-on der Terminationseffizienz eine Rolle spielt.
NMR-Spektroskopie eignet sich insbesondere zur Untersuchung von Dynamik und schwachen Interaktionen. Diese Prozesse sind bei der RNAP-Regulation essentiell. Da die RNAP aber aufgrund ihrer großen Molekülmasse nicht mit konventionellen NMR-Experimenten analysiert werden kann, wurde im Rahmen dieser Arbeit zunächst ein effizientes Protokoll etabliert, um aktive RNAP aus individuell exprimierten Un-tereinheiten in vitro zu assemblieren und zu reinigen. Dies erlaubte dann die selektive Markierung der Methylgruppen von Ile, Leu und Val-Resten einer bestimmten Untereinheit mit [1H, 13C], während die restliche Untereinheit und alle anderen Untereinheiten deuteriert vorlagen (Methyl-gruppenmarkierung). Somit konnten [1H, 13C]-Korrelationsspektren der β’-Untereinheit im Gesamtenzym aufgenommen werden. Außerdem wurden alle RNAP-Untereinheiten einzeln in löslicher, funktionaler Form gereinigt und NMR-Experimente etabliert, um die RNAP-Untereinheit zu identifizieren mit der ein bestimmter Transkriptionsfaktor interagiert. Hierdurch wurden die vorgeschlagenen Bindungsstellen von NusG und NusA bestätigt und gezeigt, dass NusE direkt an die β-Untereinheit bindet. Dieser Ansatz lässt sich generell auf kleine bis mittelgroße RNAP-bindende Proteine oder kleine organische Verbindungen, beispielsweise Antibiotika, anwenden.
Schließlich wurde eine NMR-spektroskopische Methode entwickelt, um die RNAP-Bindungsfläche der Nus-Faktoren zu bestimmen. Hierfür wur-de der methylgruppenmarkierte Faktor mit protonierter RNAP titriert. Nachdem der Ansatz mit NusG-NTD validiert worden war, wurde die RNAPBindungsstelle von NusA-NTD identifiziert. Dies erlaubte die Erstel-lung eines detaillierten Modells, wie NusA-NTD an die RNAP bindet und sich die naszierende RNA um NusA wickelt. Weiterhin wurde gezeigt, dass die Region, mit der NusE an die RNAP bindet, mit derjenigen überlappt, die für die Interaktion von NusE mit NusG-CTD verantwortlich ist. NMR-Verdrängungsexperimente ergaben, dass die Affinitäten von RNAP und NusG an NusE ähnlich sind, was darauf hindeutet, dass die Bindung von NusE an die RNAP bei der Antitermination wichtig sein könnte. Der methodische Ansatz zur Bestimmung der RNAP-Bindungsfläche kann allgemein auf Systeme übertragen werden, bei denen ein supramoleku-larer Komplex an einen kleinen Partner bindet.
Abstract in weiterer Sprache
The synthesis of ribonucleic acids (RNAs) is a central process in all organisms, with RNA polymerase (RNAP) being the key enzyme. RNAP consists of the five subunits α2ββ’ω in bacteria. Transcription can be divided into the phases initiation, elongation, and termination, which are all highly regulated. RNAP is controlled by multiple factors, for example the N utilization substances (Nus) NusA, NusB, NusE, and NusG, which play an important role in modulating the RNAP elongation rate or in converting the RNAP into a termination resistant form. The molecular basis for the interaction of Nus factors with RNAP as well as possible, mutual interactions between Nus factors are mostly unknown. Their knowledge, however, is essential for the complete understanding of transcription regulation.
NusG is the only transcription factor that is conserved in bacteria, archaea and eukaryotes, having a variety of functions in gene expression. It consists of an N- and a C-terminal domain (NTD and CTD), which are flexibly connected in most organisms. NusG from the human pathogen Mycobacterium tuberculosis (MtNusG) shows some regulatory differences to NusG from Escherichia coli (EcNusG), as for example, MtNusG stimulates intrinsic termination, while EcNusG has no influence on it. In this work the solution structure of MtNusG-CTD was determined and a model of MtNusG-NTD was generated. Altogether the structures of MtNusG and EcNusG are highly similar and just like in EcNusG the NTD and CTD of MtNusG do not interact as demonstrated by nuclear magnetic resonance (NMR) spectroscopy. The amino terminus and the linker between the two domains are, however, elongated in MtNusG, but as these regions are not responsible for the functional differences, the interaction with RNAP might be different for MtNusG and EcNusG.
NusA consists of six domains and affects particularly elongation and termination. In this work a direct, specific interaction between NusG-NTD and the C-terminal NusA domain (NusA-AR2) has been demonstrated, using NMR spectroscopy and pull-down assays. Furthermore in vitro transcription assays showed, that NusA and NusG together are able to induce a novel pause, which is not evoked by one factor alone. Together with the results of NMR displacement experiments these data suggest that the interaction plays an important role in the recruitment of NusG to RNAP, the synchronization of transcription and translation or the regulation of the termination efficiency.
NMR spectroscopy is a technique that is especially convenient for the investigation of dynamics and weak interactions, processes essential for RNAP regulation. Due to its high molecular mass, however, RNAP cannot be studied using conventional NMR experiments. Thus, in this work, an efficient protocol was established for the in vitro assembly of active RNAP from its individually expressed subunits and its purification. This allowed the selective labeling of methyl groups of Ile, Leu and Val residues of a certain subunit with [1H, 13C], while the remaining subunit and all other subunits were deuterated (methyl group labeling). Using this approach [1H, 13C] correlation spectra of the β’ subunit within the complete RNAP were recorded. Furthermore, all RNAP subunits were purified individually in a soluble form and NMR experiments were established in order to identify the RNAP subunit a certain transcription factor interacts with. Hereby the proposed binding sites for NusG and NusA were confirmed and it was shown that NusE directly binds to the β subunit. The method is generally applicable to other small or medium sized RNAP binding proteins or small organic compounds, like antibiotics.
Finally, an NMR spectroscopic method was developed to determine the RNAP binding surfaces of Nus factors by titrating the methyl group-labeled factor with protonated RNAP. Having validated this approach with NusG-NTD, the RNAP binding surface of NusA-NTD was identified. This enabled the generation of a detailed model of how NusA-NTD binds to RNAP and how the nascent RNA is wrapped around NusA. I also found that the NusE region which binds to RNAP overlaps with the one involved into the interaction of NusE with NusG-CTD. NMR displacement measurements yielded similar affinities of RNAP and NusG for NusE, suggesting that the binding of NusE to RNAP might be important in antitermination. This approach to determine the RNAP binding surface can be generalized and is transferable to other systems, in which a supramolecular complex binds to a small partner.