Titelangaben
Riahi, Idris S.:
The Modernity of Witchcraft in the Ghanaian Online Setting.
Bayreuth
,
2017
. - 284 S.
(
Dissertation,
2017
, Universität Bayreuth, Bayreuth International Graduate School of African Studies - BIGSAS)
Abstract
This study is focused on contemporary discourses on witchcraft in Ghana, and involves the internet as material for such a study. It is the aim to gather a broad range of voices and opinions from journalists, columnists, and readers of online newspapers, dealing with the topic of witchcraft. In recent years anthropologists have begun to involve modern media in the study of witchcraft (as for instance in video films: e.g. Meyer 2008, 2010; Austen and Șaul 2010; Haynes 2010). This opening and the resulting possibilities of reaching alternative discourses is an important step and a long overdue recognition of the growing importance of such media for human culture. This thesis takes the next consequent move forward which also includes the internet, and investigates how the topic of witchcraft is discussed in specific online settings. The online setting is a hitherto overlooked aspect in the study of witchcraft in Africa; it is a rich source of information which is equally relevant to the furthering of scholarly interest in this topic as other in- situ studies.
There are three major discoveries made in this dissertation project. The first point regards what I call the ‘problem of observation and projection’ in the study of witchcraft in Africa. This notion addresses the problem that African discourses on witchcraft from the European observer have not only for a long time stood at the center of the idea of Africa as the continent of the ‘Other’, but also has the topic of witchcraft in specific served as a projection surface for European ideas, which still holds on until today and resonates in contemporary Anthropology. Even though the latter field has brought forth most valuable insights, the problem of observation and projection still exists in form of the attempts to declare witchcraft to be first and foremost a symptom of the imbalances by capitalism; as is present in the prominent paradigm of the modernity of witchcraft (e.g. Geschiere 2000) Once more ‘African’ phenomena are used to account for the problems and failures of ‘European’ systems. The second major point in this thesis therefore asks for a contemporary African view onto the subject of witchcraft, which has resulted in the observation and collection of witchcraft critical voices from within genuine African discourses. Despite the scholarly attempts to assess witchcraft in terms of a consequent reaction toward the imbalances and injustice in capitalism, and the troubles with modernity, and to reintegrate it into the latter, thereby negating the supposed contradiction of modernity and magic (Comaroff and Comaroff 1993:xxxff.), one may not overlook those genuine African voices which insist on that very separation. The third major discovery made in this thesis regards an in-depth analysis of such witchcraft critical discourses, where it is revealed that to some extent such discourses show that the function of the concept of witchcraft also is metaphorical in nature. I demonstrate how the notion of witchcraft is used to illustrate the unjust and antisocial behavior of certain politicians who misuse their power to enrich themselves upon the livelihood of the communities.
This study is to be understood as situated within the discipline of Religious Studies, and it is written predominantly for an audience interested in the religious aspects of witchcraft discourses. With this qualification I want to stress that the opposition between ‘rationality’ and ‘irrationality’ (even though not a useful concept in academic meta language), is not a trivial point when it comes to the description of the insiders view. The dominant paradigm in the study of contemporary witchcraft in Africa as suggested in the discipline of Anthropology reduces the notion to the clashes with modernity in Africa, thereby neglecting a distinctive element of human behavior and cognition: belief in the supernatural. I follow Freiberger (2009:21ff.) in highlighting the comparative aspect in the study of religion, which asks for a second material horizon, which can then be compared to the contemporary discourses. Considering a topic of such magnitude, it is necessary to place it into a context of historical comparison. This includes an entangled historical view upon the topic of witchcraft in Afro-European situations of cultural exchange. By comparing historical material to contemporary material, this research project advances and empirically underpins the observation that the discourses of contemporary participants in the Ghanaian online setting bear argumentative similarity to those early modern European thinkers that challenged the belief in witchcraft conceptually as well as theologically. In this way, this thesis contributes further to the deconstruction of Africa as the continent of the occult, and also enriches the study of witchcraft by highlighting its alternative African voices.
Abstract in weiterer Sprache
In der vorliegenden Forschung wurden Hexereidiskurse im gegenwärtigen Ghana untersucht. Hier besteht die Besonderheit darin, dass das Internet als Quelle für eine solche Studie zugänglich gemacht und ergiebig genutzt wurde. Dieser Zuschnitt folgt dem Ziel, einen größtmöglichen Umfang an Stimmen und Meinungen zum Thema einzufangen. Somit rücken alternative Stimmen zum Thema in den Vordergrund. In der bisherigen Forschung wurden vornehmlich Expertenmeinungen von Mitgliedern der Kirchen, den Betroffenen von Hexereianklagen oder anderen unmittelbar und lokal eingebundenen Akteuren gehört. Die vorliegende Studie liefert ein Kontrastprogramm, in welchem die heterogene Gruppe von Teilnehmern der Onlinediskurse, bestehend aus Journalisten, Kolumnisten und Lesern untersucht wird. Die Einbeziehung von modernen Medien im Rahmen der Hexenforschung in Afrika ist ein neuerer Ansatz in der Ethnologie (an dieser Stelle sei insbesondere auf die Forschungen zum Thema Videofilm und Hexerei verwiesen: vgl. Meyer 2008, 2010; Austen & Șaul 2010; Haynes 2010). Die vorliegende Forschung stellt sich in diese Tradition und vollzieht in der Fokussierung auf Internetquellen den nächsten konsequenten Schritt, indem das Internet als Quelle für die Religionsforschung geöffnet wird. Internetdiskursen zu diesem Thema wurden bislang kaum erforscht, dabei kommt der menschlichen Kommunikation im Onlinekontext eine immer wichtiger werdende Bedeutung zu, die nicht weiter übersehen werden darf.
Als Ergebnis der Forschung sind drei Punkte zu nennen. Der erste bezieht sich auf das, was fürderhin das „Problem der Beobachtung und Projektion“ genannt werden soll. Afrikanische Hexerei befeuerte für lange Zeit die Fantasie europäischer Beobachter und existierte als zentrales Motiv der Idee von ‚Afrika als Kontinent des Anderen‘. Eine Form dieser Betrachtung setzt sich bis in die gegenwärtige Ethnologie fort, wo Hexerei weiterhin als Projektionsfläche fungiert, über welche europäische Diskurse verhandelt werden. Ein Beispiel dafür ist die reduktionistische Einschränkung der Existenz afrikanischer Hexereiphänomene auf die sozialen Folgen des Kapitalismus (vgl. Comaroff & Comaroff 1993:xxxff.; Geschiere 2000). Somit herrscht in der gegenwärtigen Ethnologie, bis auf wenige Ausnahmen die Auffassung, Hexerei sei ein Symptom des sozialen Ungleichgewichts, welches infolge des Kapitalismus auftritt. Unter dem Label der Moderne der Hexerei (Modernity of Witchcraft) wird gezeigt (siehe oben) in welcher Weise afrikanische Phänomene genutzt werden, um die Probleme der Moderne zu verhandeln. Hexerei steht auf diese Weise nicht mehr als Widerspruch zur Moderne – eine Auffassung, die auf die vermeintliche Unvereinbarkeit vom Magischen und Modernen rekurriert – , sondern geht als Protestreaktion auf den Kapitalismus voll in der Moderne auf. Der zweite Punkt nimmt diese Problematik auf und fragt nach einer dezidiert afrikanischen Perspektive auf das Problem der Hexerei. Diese Haltung liefert weitere Unterstützung für die Sammlung genuin afrikanischer Stimmen, die zur Aushandlung und Deutung des Diskurses genutzt werden sollen. Als ein wesentliches Ergebnis sei dabei auf die kritische Haltung dieser Stimmen zum Thema Hexerei verwiesen. Denn entgegen der Auffassung sozialwissenschaftlicher Autoren, die den Widerspruch von Moderne und Hexerei aufzuheben suchen, wird unter den Teilnehmern des Onlinediskurses eben diese Trennung aufrechterhalten. Hexerei und Moderne werden als unvereinbar wahrgenommen. Der dritte Punkt dieser Arbeit entfaltet sich aus diesem kritischen Diskurs und stellt sich in einer tiefgehenden Analyse dar. Es wird gezeigt, dass die Funktion des Konzepts Hexerei in einem signifikanten Rahmen metaphorischer Natur ist. Ich werde demonstrieren, in wie weit die Idee der Hexerei benutzt wird, um das ungerechte und unsoziale Verhalten bestimmter Politiker zu erklären, welche ihre Macht mißbrauchen, um sich auf Kosten der Gemeinschaft zu bereichern.
Diese Forschung ist in der Religionswissenschaft untergebracht und ist vornehmlich für das Fachpublikum verfasst, welches ein klares Interesse an den religiösen Aspekten der Hexereidiskurse hat. Mit dieser Grundüberzeugung möchte ich die These stark machen, dass die Opposition zwischen Magie und Moderne, bzw. Rationalität und Irrationalität (selbst wenn dies keine überzeugenden Konzepte im Rahmen wissenschaftlicher Metasprache sind) nicht einfach überlesen werden dürfen, wenn es um die emische Perspektive geht. Mit dem dominanten Paradigma der Moderne der Hexerei, wie oben beschrieben, wird das Phänomen auf einen ‚weltlichen‘ Blickwinkel eingeschränkt, wodurch ein wesentliches Element menschlichem Verhaltens und Kognition vernachlässigt wird: der Glaube an das Übersinnliche. Ich folge Freiberger (2009:21ff.) und unterstreiche den komparativen Aspekt religionswissenschaftlicher Arbeit. Dies fragt nach einem zweiten materiellen Horizont, welcher mit der Forschung aus den gegenwärtigen Onlinediskursen verglichen werden kann. Ein historischer Vergleich soll bemüht werden, wobei der Blickwinkel der Entangled Histories (vgl. Conrad & Randeria 2002) eingenommen werden soll. Durch diesen Vergleich kann gezeigt werden, dass die gegenwärtigen Diskurse argumentative Ähnlichkeit zu den Reden frühneuzeitlicher europäischer Denker aufweisen, welche den Glauben an Hexen aus konzeptueller sowie theologischer Sicht kritisierten. Auf diese Weise trägt diese Forschungsarbeit weiterhin zur Dekonstruktion von ‚Afrika als Kontinent des Okkulten‘ bei und bereichert die Hexenforschung durch alternative Stimmen.
Weitere Angaben
Publikationsform: | Dissertation |
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Keywords: | Religion; Study of Religion; Religionswissenschaft; Witchcraft; Africa; Religion and Violence; Religion and Modernity; Online Research; Internet Research; Akan; Ashanti |
Institutionen der Universität: | Fakultäten > Kulturwissenschaftliche Fakultät > Ehemalige Professoren > Lehrstuhl Religionswissenschaft I - Univ.-Prof. Dr. Ulrich Berner Graduierteneinrichtungen > University of Bayreuth Graduate School Graduierteneinrichtungen > BIGSAS Fakultäten Fakultäten > Kulturwissenschaftliche Fakultät Fakultäten > Kulturwissenschaftliche Fakultät > Ehemalige Professoren Graduierteneinrichtungen |
Titel an der UBT entstanden: | Ja |
Themengebiete aus DDC: | 200 Religion |
Eingestellt am: | 28 Okt 2017 21:00 |
Letzte Änderung: | 28 Okt 2017 21:00 |
URI: | https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/40201 |