Titelangaben
Tscheuschner, Steffen:
Untersuchung des Einflusses von Ladungsträgerdelokalisation und Grenzflächendipolen auf die Dissoziationswahrscheinlichkeit von
Exzitonen in organischen Solarzellen.
Bayreuth
,
2018
. - IV, 183 S.
(
Dissertation,
2017
, Universität Bayreuth, Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT)
Abstract
Die von der Bundesregierung beschlossene Energiewende zielt auf die Verwendung und
Speicherung von regenerativer Energie hin. Solarenergie spielt dabei eine wichtige Rolle.
Solarzellen mit organischen Halbleitermaterialien sind dabei von besonderem Interesse,
weil sie die Herstellung von leichten und flexiblen oder beliebig geformten Bauteilen
ermöglichen. Um die Effizienz organischer Solarzellen - derzeit nicht über 12% - weiter zu
steigern, müssen daher die grundlegenden intrinsischen Prozesse, wie
Ladungsträgertrennung und -rekombination, genauer untersucht werden.
Die vorliegende Doktorarbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie die Trennung von Elektron-
Loch-Paaren in organischen Solarzellen funktioniert. Der entscheidende Verlustkanal bei der
Ladungsträgergeneration ist die Rekombination der gegensätzlichen Ladungsträger an der
Donor-Akzeptor-Grenzfläche. Zunächst wurden in diesem Zusammenhang die Beiträge und
Auswirkungen von geminaler und nicht geminaler Rekombination analysiert. Im Laufe dieser
Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Reduzierung der Bindungsenergie durch die
Delokalisierung der Ladungsträger im Donor bzw. Akzeptor einen entscheidender Aspekt
darstellt. Der Zusammenhang zwischen lokaler Ordnung und Delokalisation sowie ihre
Auswirkung auf die Trennungswahrscheinlichkeit von Elektron-Loch-Paaren waren jedoch
nicht vollständig verstanden. Ebenso war nicht verstanden, inwieweit Grenzflächendipole
zusätzlich helfen können die Bindungsenergie weiter zu reduzieren.
Die Effizienz einer Solarzelle wird durch die Konkurrenz der Rekombination von Elektron-
Loch-Paaren und der Dissoziation in freie Ladungsträger bestimmt. Es wird angenommen,
dass Ladungen frei sind, wenn ihre potentielle Coulomb-Energie gleich der thermischen
Energie ist. Diese freien Ladungen können dann entweder an den Elektroden extrahiert
werden oder mit einem gegensätzlichen Ladungsträger eines anderen Elektron-Loch-Paares
einen gebundenen Zustand bilden und nicht geminal rekombinieren. Letzteres ist von der
Ladungsträgerdichte abhängig. Daher kann dieser Beitrag durch die eingestrahlte
Lichtintensität identifiziert werden. Variiert man nun die Schichtdicke der Polymerschicht,
stellt man eine Dickenabhängigkeit der geminalen Rekombination fest. In dieser Dissertation
wird gezeigt, dass diese Abhängigkeit nur über eine Rückdiffusion von bereits freien
Ladungsträgern zu ihrem eigenen Partner erklärt werden kann. Dieser häufig nicht
berücksichtigte Verlustkanal trägt entscheidend zum maximal erreichbaren Füllfaktor und
somit zur Gesamteffizienz bei. Dies wird besonders bei Materialien, die eine reduzierte
Beweglichkeit eines der beiden Ladungsträger besitzen, deutlich.
Um die Parameter, die die geminale Rekombination bestimmen, genauer zu identifizieren,
habe ich kinetische Monte-Carlo-Simulationen mit nur einem Ladungsträgerpaar
durchgeführt. Dadurch können der Einfluss der Beweglichkeit der einzelnen Ladungsträger,
die Dimensionalität des Transports und der Einfluss von Delokalisierung auf die Effizienz des
Trennungsprozesses untersucht werden. Es stellt sich heraus, dass die Effizienz erheblich
gesteigert werden kann, wenn man von einem 1D- zu einem 2D-Transport übergeht. Diese
Erkenntnis ist für das Design von Solarzellen wichtig, da man sicherstellen muss, dass durch
Aggregation und Phasenseparation von Donor- und Akzeptor-Materialien die
Dimensionalität des Transportes nicht reduziert wird. Des Weiteren stellt sich heraus, dass
eine nahezu ausgeglichene Ladungsträgerbeweglichkeit die Trennung, insbesondere im
Bereich kleiner Felder, ebenfalls begünstigt. In diesem Bereich dominiert die Diffusion der
Ladungsträger und nicht der Drift, der durch das Feld in der Solarzelle bestimmt wird. Ein
weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Delokalisierung von Ladungsträgern sowohl die
Dissoziationswahrscheinlichkeit im Bereich kleiner Felder steigert, als auch die
Sättigungsfeldstärke reduziert. Diese beschreibt die Feldstärke im Device, bei der nahezu
alle Elektron-Loch-Paare getrennt werden können. Somit kann durch die Delokalisierung der
Ladungsträger ebenfalls der Füllfaktor und dadurch die Effizienz der Solarzelle gesteigert
werden.
Um die Delokalisierung im Akzeptor bzw. Donor getrennt voneinander zu untersuchen,
wurden im Rahmen dieser Doktorarbeit Solarzellen gemessen, bei denen die aktive Schicht
nur aus einer einzelnen Schicht besteht. Diese wurden dann bei verschiedenen Energien
angeregt, um unterschiedlich stark delokalisierte Zustände besetzen zu können. Als
Akzeptoren wurden C60 und PC61BM verwendet. Regt man diese unterhalb von 2.25 eV an,
so befinden sie sich anschließend in einem stark gebundenen S1-Zustand. Regt man mit
einer höheren Energie an, so kann man einen stärker delokalisierten und schwächer
gebundenen Charge-Transfer-Zustand (CT-Zustand) erhalten. Dieser kann dann mit einer, im
Vergleich zu anderen Polymeren, hohen Wahrscheinlichkeit in freie Ladungsträger
dissoziieren. Dieses Verhalten ist im C60 stärker ausgeprägt als im PC61BM. Somit tragen,
insbesondere bei Verwendung von C60 als Akzeptor, diese CT-Zustände zum Photostrom und
somit zur Effizienz der Solarzelle bei. Es kann gezeigt werden, dass die Bindungsenergie
dieser Zustände ungefähr 100 meV beträgt.
Um hingegen die Delokalisation im Donor zu untersuchen, wurden zwei Low-Bandgap-
Polymere verwendet, PCDTBT und PCPDTBT. Auch hier konnte gezeigt werden, dass eine
Anregung in einen stärker delokalisierten Zustand mit Hilfe von zusätzlicher Energie helfen
kann die erzeugten Ladungsträger leichter zu trennen. Dies wird deutlich, wenn sowohl die
Sättigungsfeldstärke von Zweischicht-Solarzellen, als auch die interne Quanteneffizienz von
Einzelschicht-Solarzellen in Abhängigkeit der Anregungsenergie betrachtet wird. Hier
erkennt man, dass die Sättigungsfeldstärke sinkt und die Quanteneffizienz steigt und somit
die Trennung der gebundenen Zustände erleichtert wird, sobald man einen stärker
delokalisierten Zustand anregt. Um den Unterschied der Delokalisierung für verschiedene
verwendete Donatoren zu verdeutlichen, wurde eine Reihe von Polyparaphenylenen
untersucht. Hierbei wurde die Steifigkeit des Poylmerrückgrats variiert. Die
unterschiedlichen Konjugationslängen der verwendeten Polymere konnten über die
Blauverschiebung im Absorptionsspektrum nachgewiesen werden. Die geordneten
Polymere zeigen mehr Struktur in den Absorptionsspektren, so dass ebenfalls eine höhere
Ordnung angenommen werden kann. Die feldabhängige Trennungswahrscheinlichkeit
konnte von mir mit Hilfe eines analytischen Modells beschrieben werden. Die
Delokalisierung der Ladungsträger wird hierbei durch einen zusätzlichen energetischen
Beitrag zur potentiellen Energie des Elektron-Loch-Paares berücksichtigt. Dieser Beitrag wird
durch die Lösung der 1D-Schrödinergleichung bestimmt. Die Delokalisierung kann dabei
über die Variation der effektiven Masse des Ladungsträgers berücksichtigt werden. Dadurch
wird es anhand der feldabhängigen Dissoziationswahrscheinlichkeit möglich die
Delokalisierung der Ladungsträger über die effektive Masse zu beschreiben.
Damit kann dieses Modell verwendet werden, um die Auswirkungen der Delokalisation auf
die Ladungsträgertrennung genauer zu untersuchen. Bei den im Rahmen dieser Dissertation
durchgeführten numerischen Simulationen stellt sich heraus, dass die Delokalisierung von
Ladungsträgern in Verbindung mit Dipolen an der Donor-Akzeptor-Grenzfläche genügt, um
die experimentellen Daten zu beschreiben. Über Dipole und die Delokalisierung wird die
Bindungsenergie des Elektron-Loch-Paares verringert, wodurch die Sättigungsfeldstärke
reduziert wird. Aus diesen Gründen lässt sich der Trennungsmechanismus mit einem
relaxierten CT-Zustand über einen Hüpfprozess beschreiben. Die so theoretisch gefundene
Bindungsenergie kann auch über eine kombinierte Messung von externer Quanteneffizienz
und Elektrolumineszenz sowie über temperaturabhängige Messungen der Leerlaufspannung
experimentell bestätigt werden. Mit diesem Modell lässt sich zudem die
Sättigungsfeldstärke in Abhängigkeit der einzelnen Parameter vorhersagen. Somit kann ein
Bild gewonnen werden, wie sich die Delokalisierung, die Dipole an der Donor-Akzeptor
Grenzfläche und die Lebenszeit des CT-Zustandes in Kombination mit der
Ladungsträgerbeweglichkeit auf die Sättigungsfeldstärke auswirken. In diesem
Zusammenhang kann die Steigerung des Füllfaktors mit zunehmender Delokalisation gezeigt
werden.
Abstract in weiterer Sprache
The energy transition, enacted by the German Federal Government, aims for the use and
storage of renewable energies. Solar energy plays a major role in this context. Solar cells
using organic semiconductors are of peculiar interest, because they enable the production
of light, flexible and arbitrary shaped modules. To further enhance the efficiency of organic
solar cells – not above 13% - the intrinsic processes, like charge separation and
recombination, have to be investigated in more detail.
This work addresses the question, how electron hole separation takes place in an organic
semiconductor. The main loss, during the separation of an electron hole pair, is the
recombination of opposite charged carriers at the donor acceptor interface. Firstly, the
contributions and the impact of geminate and nongeminate recombination are analyzed. In
the course of these investigations it turns out, that the reduction of the coulomb binding
energy due to the delocalization of the charge carriers in the donor or acceptor is a crucial
issue. The correlation of local order and delocalization and their impact on the dissociation
probability is not fully understood yet, nor is the supplementary reduction of binding energy
mediated by additional interfacial dipoles.
The efficiency of a solar cell is determined by the competition of the recombination of
electron hole pairs with the dissociation into free charges. It is assumed, that charges are
free, if their potential coulomb energy is equal or less the thermal energy. These free
charges could either be extracted at the electrodes or recombine nongeminately with an
opposite charge of another electron hole pair. The latter is dependent on the charge carrier
concentration. Therefore, this contribution could be identified by modifying the light
intensity. By varying the thickness of the polymer layer, one could identify a thickness
dependence of the geminate recombination. In this dissertation it is pointed out, that this
relationship could only be explained by back diffusion of free charge carriers to their
siblings. This underestimated loss plays an important role for the maximum achievable fill
factor as well as the overall power conversion efficiency. This is particularly notable in
materials, where one of the charge carriers has a significantly reduced mobility.
I carried out kinetic Monte-Carlo-simulations with only one pair of charge carriers to identify
the parameters for geminate recombination. With this I was able to investigate the impact
of mobility of the respective charge carriers, the dimensionality of the transport, as well as
the effect of delocalization on the efficiency of charge separation. It turns out, that this
efficiency could be increased significantly, when going from a 1D to a 2D transport regime.
This is an important insight for the design of solar cells. In this context, it is noteworthy that
Aggregation and phase separation in donor and acceptor materials should not reduce the
dimensionality of the transport. Furthermore, it turns out, that nearly balanced charge
carrier mobility enhances charge separation, especially at low electric fields. In this case,
diffusion instead of drift, caused by the applied field, dominates the charge carrier
movement. Another important point is that delocalization of charge carriers enhances the
dissociation probability in the low field regime and reduces the saturation field. The latter
corresponds to the field strength in the device at which nearly every electron hole pair can
be separated. Thus, delocalization of charge carriers will also increase the fill factor and as a
consequence the efficiency of the solar cell.
In this thesis, single layer solar cells, in which the active layer only consist of one material,
were measured to investigate the influence of delocalization in the donor and in the
acceptor separately. These cells were excited at different energies to populate different
delocalized states. C60 and PC61BM were used as acceptors. Using energies below 2.25 eV,
only the S1 state of the fullerene is excited. When pumping at higher energies, a more
delocalized and weaker bound charge transfer (CT) state is populated. In contrast to
polymers, this state could dissociate into free charge carriers at a higher yield. In C60, this
behaviour is more pronounced than in PC61BM. As a consequence, especially when using C60
as acceptor, these CT-state contributes to the total photocurrent and therefore to the
power conversion efficiency of the solar cell. It can be shown, that the binding energy of
these states is approximately 100 meV.
Two different low-band-gap polymers, PCDTBT as well as PCPDTBT, were used to investigate
the delocalization on the donor. In the same way as before it can be shown, that an
excitation into a more delocalized state with additional energy, can help for an easier
dissociation. This was figured out, when the saturation field strength, as well as the internal
quantum efficiency, were investigated in dependence of the excitation energy. It can be
seen, that the saturation field decreases, the internal quantum efficiency increases and
therefore the dissociation is enhanced, as soon as a more delocalized state is excited. To
point out the difference in delocalization for different donors, a series of several poly-paraphenylenes
were investigated. In the course of this study, the stiffness of the polymer
backbone was varied. The different conjugation lengths could be identified by a blue shift of
the absorption and the fact, that higher ordered polymers also show more structured
absorption spectra. The field dependent dissociation probability could be fitted with an
analytical model. Delocalization of the charge carriers was included with an additional term
for the potential energy of the electron hole pair. This contribution is determined from the
1D-Schrödinger equation. Different delocalization could be considered by varying the
effective mass. In summary, the delocalization can now be described by the effective mass
derived from field dependent dissociation probabilities.
As a result, this model can be used to investigate the impact of delocalization on the charge
separation process. Within the framework of the numerical simulations in this thesis it turns
out, that delocalization in combination with dipoles at the donor acceptor interface suffices
the description of experimental data. The binding energy of the electron hole pair can be
decreased with interfacial dipoles and delocalization, so that the saturation field is reduced.
These are the reasons, why the mechanism of charge separation can be described by a
hopping transport from relaxed CT-states. The theoretically derived binding energy could be
verified by a combined measurement of the external quantum efficiency and
electroluminescence as well as using a temperature dependent measurement of the open
circuit voltage. Within this model, the saturation field can now be predicted in dependence
of different parameters. By doing this, it is possible to get an idea of the influence of
delocalization, dipoles at the donor acceptor interface, and the combination of lifetime and
charge carrier mobility on the saturation field. In this context, the increase of the fill factor
with increasing delocalization can be shown.
Weitere Angaben
Publikationsform: | Dissertation |
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Keywords: | Organische Solarzellen; Ladungsträgertrennung; Excitonen |
Institutionen der Universität: | Graduierteneinrichtungen > University of Bayreuth Graduate School Graduierteneinrichtungen > Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT > Fotophysik synthetischer und biologischer multichromophorer Systeme Graduierteneinrichtungen Graduierteneinrichtungen > Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT |
Titel an der UBT entstanden: | Ja |
Themengebiete aus DDC: | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 530 Physik |
Eingestellt am: | 31 Mär 2018 21:00 |
Letzte Änderung: | 31 Mär 2018 21:00 |
URI: | https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/43200 |