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Mikronährstoffprofile der Gerste (Hordeum vulgare L.) : eine Analyse der natürlichen Variation, der räumlichen Verteilung und der Beladungsmechanismen

Titelangaben

Detterbeck, Amelie Sophie:
Mikronährstoffprofile der Gerste (Hordeum vulgare L.) : eine Analyse der natürlichen Variation, der räumlichen Verteilung und der Beladungsmechanismen.
Bayreuth , 2019 . - 169 S.
( Dissertation, 2019 , Universität Bayreuth, Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT)
DOI: https://doi.org/10.15495/EPub_UBT_00004579

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Abstract

Mikronährstoffmangel, auch bekannt als verborgener Hunger, betrifft schätzungsweise ein Drittel der Weltbevölkerung. In besonderem Maße sind Kinder unter fünf Jahren betroffen, die durch den Mangel an lebenswichtigen Mikronährstoffen wie Zink an systemischen Beeinträchtigungen wie Wachstumsverzögerungen, Dysfunktionen des Immunsystems und kognitiven Störungen leiden. Da Grundnahrungsmittel wie Getreide einen maßgeblichen Anteil zur Mikronährstoffaufnahme insbesondere in Ländern des globalen Südens beitragen, können sowohl ackerbauliche Maßnahmen als auch die Prozessierung von Lebensmitteln Lösungsansätze liefern. Diese sind jedoch häufig kostenintensiv, weshalb die Biofortifikation von Nahrungsmitteln eine nachhaltigere Reduktion von Mikronährstoffmangel erreichen kann. Hierbei ist von Bedeutung, dass für eine erfolgreiche Biofortifikation aus züchterischer Sicht diverse Prädispositionen, wie eine genetisch verankerte Variation der Mikronährstoff-Gehalte und die mechanistische Kenntnis der Mikronährstoff-Akkumulation, vorhanden sein müssen. Ziel dieser Doktorarbeit war es daher, anhand der ackerbaulichen Modellpflanze Gerste (Hordeum vulgare L.) grundlegende Fragestellungen zur Verwirklichung von Biofortifikationsstrategien zu beantworten.

Hierbei lagen die Schwerpunkte auf drei verschiedenen Themenblöcken: der natürlichen Variation von Mikronährstoffen, der räumlichen Verteilung innerhalb des Korns und den zugrundeliegenden Beladungs- und Distributionsmechanismen. Zunächst wurde das Züchtungspotential, das maßgeblich von der vorhandenen genetischen Variabilität bestimmt wird, für mikronährstoffreiche Körner ermittelt. Dementsprechend wurde die natürliche Diversität der Mikronährstoff-Akkumulation in zwei weltweit gesammelten Gerstekollektionen in verschiedenen Jahren und Umwelten untersucht. Die Analysen ergaben eine ausgeprägte genetische Komponente der Mikronährstoff-Akkumulation insbesondere für Zink und Eisen. Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass eine Züchtungsbasis für mikronährstoffreichere Getreide vorhanden ist. Neben der Analyse von Genotyp-Umwelt-Interaktionen lag ein weiteres Augenmerk auf der Variation von für den Menschen toxischen Schwermetallen wie Cadmium. Die Ergebnisse ließen auf ähnliche Transport- und Beladungsmechanismen von Zink und Cadmium schließen, da eine hohe Zink-Akkumulation häufig mit einer höheren Cadmium-Akkumulation im Korn einherging. Aus diesem Grund stellt eine Kulturführung im Rahmen einer guten landwirtschaftlichen Praxis, mit genauer Kenntnis der bewirtschafteten Böden, eine grundlegende Voraussetzung im Anbau von biofortifiziertem Getreide dar.

Der zweite Block umfasste die Frage der detaillierten räumlichen Verteilung der Mikronährstoffe im Korn. Dies ist in besonderem Maße für etwaige Verzehrempfehlungen für biofortifiziertes Getreide von Bedeutung. Um Einblick in die räumliche Verteilung der Mikroelement-Gehalte zu erlangen, wurden reife Samen von ausgewählten, kontrastierenden Linien zerlegt und mit Hilfe verschiedener qualitativer und quantitativer Verfahren charakterisiert. Hoch Zink-akkumulierende Linien wiesen in nahezu allen analysierten Geweben, inklusive dem Endosperm, höhere Zink-Konzentrationen auf. Hieraus kann man schließen, dass auch der Konsum von biofortifiziertem weißem Mehl einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Mikronährstoffaufnahme leisten kann. Um Hinweise auf verschiedene Bindungsumgebungen im Endosperm-Gewebe zu erhalten und eine potentielle Aussage über die Bioverfügbarkeit von Zink in hoch Zink-akkumulierenden Linien treffen zu können, wurden Proben extrahiert und mittels chromatographischer und massenspektrometrischer Methoden vermessen. Hierbei konnte dokumentiert werden, dass lösliches Zink nicht mit Phosphor oder Schwefel co-eluierte. Dies deutet darauf hin, dass andere Bindungspartner als Proteine oder Phytat in die Zink-Bindung involviert sein könnten. Da der Anteil des löslichen Zinks jedoch mit zunehmender Reife deutlich abnahm, müssen weiterführende Analysen die Speziierung von unlöslich gebundenem Zink charakterisieren.

Die molekularen Mechanismen der Mikronährstoff-Akkumulation waren Hauptbestandteil des dritten Arbeitsschwerpunktes dieser Dissertation. Für moderne, biotechnologische Züchtungsmethoden ist ein mechanistisches Verständnis der Aufnahme- und Verteilungswege von Mikronährstoffen von zentraler Bedeutung. Hierbei kann beispielsweise die Entwicklung molekularer Marker zur Beschleunigung des Züchtungsprozesses beitragen. Für die Suche nach Kandidatengenen wurden zwei niedrig und zwei hoch Zink-akkumulierende Linien ausgewählt, um Marker-Merkmals-Assoziationen und Transkriptom-Unterschiede zu analysieren. Hierbei konnten mit Hilfe einer genomweiten Assoziationsstudie erhöhte Zink-Konzentrationen im Korn mit einem Marker assoziiert werden, in dessen Nähe zwei Gene der „Yellow Stripe-Like“ (YSL)-Transporterfamilie liegen. Des Weiteren wurden unter den stringenten Analysebedingungen weder Unterschiede in der Transkript-Häufigkeit von bekannten Transportgenen noch von Genen, die Zink-Bindungspartner wie Nicotianamin oder Metallothioneinen codieren, als Faktoren für die erhöhte Zink-Akkumulation identifiziert. In den Ähren von hoch Zink-akkumulierenden Linien war insbesondere eine putative α-Amylase/Trypsin CMb Inhibitor Vorstufe höher exprimiert als in niedrig Zink-akkumulierenden Linien. Bei einem weniger stringenten Vergleich näher verwandter Linien konnte ein Kandidatengen für die Zink-Akkumulation im Korn identifiziert werden, das Ähnlichkeit zu einem „Metal Tolerance Protein 5“ (MTP5) in Gerste aufweist. Weiterer Forschungsbedarf ergibt sich insbesondere aus der Notwendigkeit zur zellulären Lokalisation und zur näheren funktionellen Beschreibung der Kandidatengene. Darüber hinaus stellt die hohe Zahl bisher noch nicht näher charakterisierter Gene, die Unterschiede in der Transkript-Häufigkeit zeigten, Grund für weitere Forschungen in diesem Bereich dar.

Die in dieser Doktorarbeit bearbeiteten Fragestellungen und Ergebnisse geben einen detaillierten und umfassenden Überblick der Mikronährstoff-Akkumulation in Gerstekörnern wieder. Hierbei wurden insbesondere die natürliche Diversität, die räumliche Verteilung und die zugrundeliegenden Beladungsmechanismen erforscht und diskutiert. Außerdem konnten bisher ungeklärte Fragen zur Konzentration und Speziierung von Zink während der Entwicklung und zu Transkript-Unterschieden in unterschiedlich hoch Zink-akkumulierenden Gerstelinien beantwortet werden. Weiterer Forschungsbedarf besteht jedoch zur Aufklärung der Hauptbindungsformen von unlöslichem Zink im Endosperm und zur weiterführenden Charakterisierung von Kandidatengenen. Darüber hinaus bieten die Ergebnisse dieser Doktorarbeit eine wichtige Grundlage insbesondere für Fragen der genetischen Prädisposition der Mikronährstoff-Akkumulation und ebnen somit den Weg für eine züchterische Herangehensweise bei der Bekämpfung von verstecktem Hunger.

Abstract in weiterer Sprache

Micronutrient deficiencies, also known as Hidden Hunger, affect approximately 1/3 of the population worldwide with children under the age of five being especially susceptible. The lack of vital micronutrients such as zinc can lead to growth retardation, immune dysfunctions and cognitive disorders. Especially in the global south, staple crops are the main source of micronutrients in the diet. Therefore, both agronomic and food processing measures can provide solutions to solve micronutrient deficiencies. However, these procedures are often cost intensive, whereas the biofortification of plants can provide a more cost efficient and therefore more sustainable solution to reduce micronutrient deficiencies. For breeding biofortified crops, diverse predispositions, such as a genetically determined variation and a mechanistic understanding of micronutrient accumulation, are needed. Therefore, the goal of this thesis was to answer basic questions about the implementation of biofortification strategies with the agricultural model crop barley (Hordeum vulgare L.).

The emphasis laid on three thematic blocks: First, on the natural variation of micronutrients, second, on their spatial distribution within the grain, and third, on the underlying loading and distribution mechanisms. Initially, the breeding potential, which is mainly determined by the genetic variability, of micronutrient-dense grains was analyzed. The natural diversity of micronutrient accumulation was assessed in different years and environments of two worldwide-sampled barley collections. There was a pronounced genetically determined variation for zinc and iron found, which can build a breeding basis for micronutrient-dense cereals. Besides the analysis of genotype-environment interactions, the variation of cadmium, which is toxic for humans, was evaluated. High zinc accumulation was found to be associated with higher cadmium accumulation in the grain to a considerable degree, indicating similar transport and loading mechanisms for zinc and cadmium. Therefore, it is essential to follow the guidelines for good agricultural practice and analyze the soil of sites where biofortified crops are intended to be grown.

In the second part of this dissertation, a focus lay on the spatial distribution of micronutrients within the grain. This is especially important for giving recommendations on the consumption of biofortified cereals. Mature grains of barley lines with contrasting zinc accumulation were dissected and analyzed with qualitative and quantitative methods. High zinc-accumulating lines contained more zinc in nearly all analyzed tissues, including the endosperm. Therefore, the consumption of biofortified white flour can contribute to improved micronutrient intake. Knowledge about binding partners can help to evaluate the bioavailability of zinc in high zinc-accumulating lines. To identify binding partners of zinc in the endosperm, samples were extracted and analyzed with chromatographic and mass-spectrometric methods. Soluble zinc did not co-elute with phosphorus or sulfur, which indicated other binding environments than proteins or phytate. However, as the portion of soluble zinc was decidedly decreasing during grain maturation, additional studies need to characterize the binding species of insoluble zinc in the grain.

The third section of this thesis elucidates the molecular mechanisms involved in micronutrient accumulation. For modern, biotechnological breeding techniques, a mechanistic understanding of the uptake and distribution mechanisms for micronutrients is crucial. Here, the development of molecular markers can accelerate the breeding process. In the search for candidate genes, two low and high zinc-accumulating lines were chosen for assessment of marker-trait-associations and transcript analysis. Results of a genome-wide association mapping showed that high zinc accumulation in the grain was associated with a marker on 2H at 82.8 cM in close vicinity to two genes belonging to the family of yellow stripe-like (YSL) transporters. Furthermore, the stringent parameters for transcript analysis revealed no differences in transcript abundance of genes known to be involved in metal transport or metal binding such as nicotianamine or metallothioneins. In ears of high zinc-accumulating lines, a putative α-amylase/trypsin inhibitor CMb precursor was decidedly higher expressed than in low zinc-accumulating lines. Following a less stringent comparison of more related lines, a candidate gene for grain zinc accumulation showing similarity to metal tolerance protein 5 (HvMTP5) was identified. Hence, more detailed analysis is needed for a cellular localization and functional description of the candidate genes. Furthermore, the number of unidentified, not-yet-assigned and characterized genes showing differences in transcript abundance provides reason for further in-depth study.

This thesis comprises a detailed and comprehensive overview on micronutrient accumulation in barley grains. In particular, the natural diversity, spatial distribution and underlying loading mechanisms were analyzed and discussed. Furthermore, questions on zinc concentration and speciation during grain development and differences in transcript abundance leading to low or high zinc accumulation in the grain were answered. However, further research is needed to identify the main binding partners of insoluble zinc in the endosperm and to characterize candidate genes. Providing knowledge about the genetic predisposition of micronutrient accumulation, the results of this thesis facilitate breeding approaches to fight Hidden Hunger.

Weitere Angaben

Publikationsform: Dissertation
Keywords: Pflanzenphysiologie; Mikronährstoff; Zink; Eisen; Gerste; Hordeum vulgare; natürliche Variation; Pflanzenzüchtung; Samen
Institutionen der Universität: Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften > Fachgruppe Biologie > Lehrstuhl Pflanzenphysiologie > Lehrstuhl Pflanzenphysiologie - Univ.-Prof. Dr. Stephan Clemens
Graduierteneinrichtungen > University of Bayreuth Graduate School
Fakultäten
Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften
Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften > Fachgruppe Biologie
Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften > Fachgruppe Biologie > Lehrstuhl Pflanzenphysiologie
Graduierteneinrichtungen
Titel an der UBT entstanden: Ja
Themengebiete aus DDC: 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften; Biologie
Eingestellt am: 27 Mär 2021 22:00
Letzte Änderung: 27 Mär 2021 22:00
URI: https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/64452