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Von der hochaktiven Ethylendimerisierung zur selektiven Verzweigung von Olefinen

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Dietel, Thomas:
Von der hochaktiven Ethylendimerisierung zur selektiven Verzweigung von Olefinen.
Bayreuth , 2023 . - IV, 225 S.
( Dissertation, 2019 , Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)
DOI: https://doi.org/10.15495/EPub_UBT_00004458

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Abstract

Im Rahmen dieser Arbeit gelang es, über eine neue Syntheseroute neuartige Aminopyridinato-(Ap), Imidazolidin-2-iminato- (Ii) sowie ApIi-Titan-Komplexe zu entwickeln.
Neben der Synthese der verwendeten Liganden und Komplexe wie auch deren vollständigen Charakterisierung waren die detaillierte Analyse der erhaltenen Produkte aus der Polymerisation, Copolymerisation, Dimerisierung und Heterotrimerisierung von Ethylen und im Besonderen die Klärung mechanistischer Fragen bezüglich der Dimerisierung und Heterotrimerisierung wichtiger Bestandteil. Die damit einhergehenden hohen Selektivitäten und Aktivitäten der Katalysatoren konnten sowohl durch die Variation der Reste an den Liganden als auch durch die Optimierung der Reaktionsbedingungen fein abgestimmt werden.
Bei Ap- und Ii-Liganden handelt es sich um stabilisierende und dirigierende Liganden für
Polymerisationskatalysatoren von α-Olefinen. Aus der Kombination dieser Liganden bestehende Komplexe zeigten mit Zirconium und Hafnium als Zentralatom bereits gute Aktivitäten in der Oligomerisation von Ethylen. Jedoch war es noch nicht möglich, Titan-Komplexe mit beiden Liganden herzustellen.
Das Einbringen des Ii-Liganden in die ApTi-Vorstufe über herkömmliche Synthesewege, wie Amin- oder Alkaneliminierung, verursachte eine Abspaltung des Ap-Liganden. In der vorliegenden Arbeit gelang dies durch die Entwicklung einer neuen Syntheseroute ausgehend von Tribenzylmonochloridotitan(IV) als Vorstufe. Über eine Alkaneliminierung wurde zunächst der Ap- und anschließend über eine Salzmetathese der Ii-Liganden in hohen Ausbeuten koordiniert. Durch die Aktivierung eines Dialkylkomplexes mit BF15 konnte ein entsprechendes Kation generiert, isoliert und charakterisiert werden.
Neben diesen neuen Gemischtligandkomplexen (ApIiTiBn2) wurden außerdem verschiedene Vorstufen, unter anderem Mono(aminopyridinato)titan(IV)-Komplexe, unter optimierten Bedingungen synthetisiert. Die vollständige Charakterisierung der Verbindungen erfolgte über NMR-Spektroskopie, Elementaranalyse und Röntgeneinkristallstrukturanalyse. Die Auswertung der Röntgeneinkristallstrukturanalyse des ApIiTiBn2-Systems lieferte Hinweise über die zuvor genannte Verdrängungsreaktion der Ap-Liganden.
Im nächsten Schritt wurden die Präkatalysatoren mit Ammoniumborat in der Ethylenoligomerisation bzw. -polymerisation eingesetzt. Die Kombination der beiden Steuerliganden mit Titan als Zentralatom bewirkte nicht nur einen Wechsel von der Polymerisation (ApTiBn3) zur Oligomerisation (ApIiTiBn2 z.B. mit 1-Cyclohexyl-3-(2,6-diisopropylphenyl)imidazolidin-2-imin), sondern ermöglichte eine selektive Dimerisierung von Ethylen zu 1-Buten.
Im Vergleich zu den Einligandsystemen konnten die Aktivitäten enorm gesteigert werden. Bei optimierten Bedingungen erwies sich 4AF als der interessanteste Präkatalysator mit der höchsten Selektivität (94 % 1-Buten) und TOF (76 10^6 h^-1). Diese Aktivitäten sind vergleichbar mit denen von Enzymen und übertreffen, nach unserem Wissen, die bislang publizierten Aktivitäten für die Dimerisierung von Ethylen.
Durch Temperatur- und Druckstudien war es möglich, Informationen zu mechanistischen Aspekten zu erhalten, wie zum Beispiel eine Schulz Flory Verteilung mit einem unerwarteten Anstieg des α-Wertes bei steigender Temperatur oder einer Druckabhängigkeit erster Ordnung. Eine Abhängigkeit der Kettenlänge der Produkte vom sterischen Anspruch am Pyridinrest des Ap-Liganden führte weiterhin zur schrittweisen Erniedrigung des Molekulargewichtes. Folglich wird eine Verringerung des mittleren Molekulargewichtes sowohl durch die Variation des Ap- (fein) und Ii-Liganden (grob) als auch durch eine Erniedrigung der Temperatur oder des Drucks erreicht. Die Reaktionszeit und die eingesetzte Stoffmenge des Präkatalysators oder des Scavengers spielen dabei keine ersichtliche Rolle. Ein Langzeitexperiment demonstrierte die Stabilität des aktivierten ApIiTiBn2-Systems über mehrere Stunden mit einer Katalysatorbeladung von mindestens 0,03 ppm. Des Weiteren konnte die „Selbstheilung“ eines CH-aktivierten Kations untersucht werden.
Diese hochaktiven, selektiven und langzeitstabilen Systeme erlaubten im nächsten Schritt die Nutzung von höheren Olefinen als Comonomere. Mit dem Einsatz von 4AF gelang es, das Produktspektrum durch eine selektive Heterotrimerisierung zu spezifizieren. Neben der Einführung einer Ethylverzweigung wurden die Olefine hierbei regioselektiv um ein Ethylen verlängert. Dabei wirkte sich eine Erhöhung der Kettenlänge des eingesetzten Monomers mit einer Erniedrigung auf die Aktivität, jedoch nicht auf die Selektivität aus. Die Isolierung und anschließende Charakterisierung von 4-Ethylenoct-1-en, dem Heterotrimerisierungsprodukt von 1-Hexen, ließen Rückschlüsse auf den vorliegenden Mechanismus zu. Über eine Temperatur-, Zeit- und Druckstudie konnte ein analoges Verhalten zur Ethylendimerisierung bezüglich des Molekulargewichtes beobachtet werden. Sehr geringe Abweichungen bei dreimaliger Wiederholung dieser Experimente bewiesen eine sehr gute Reproduzierbarkeit.
Die Herstellung verschiedener Produkte im Multigrammmaßstab ermöglichte es, ein bereits verlängertes Produkt nochmals selektiv zu verlängern. Unter sehr milden Bedingungen
(1 bar, 15 °C) wurden somit neben linearen auch verzweigte, cyclische und aromatische Olefine selektiv verlängert.
Auf diesem Weg gelang es, 4-Ethyloctadec-1-en und 4,6-Diethyldodec-1-en, nach unserem Wissen bis dato nicht literaturbekannte Produkte, zu synthetisieren und anschließend zu charakterisieren.
Diese Ergebnisse gewähren den Zugang zu einer signifikant großen Anzahl neuer Verbindungen, die, wie am Beispiel von (4-Ethyldecyl)diisobutylaluminium gezeigt, funktionalisiert werden können.

Abstract in weiterer Sprache

In this work, novel aminopyridinato--(Ap), imidazolidine-2-iminato--(Ii) as well as ApIi-titanium complexes were prepared via a new synthetic pathway. Besides the synthesis and complete characterization of the used ligands and complexes, detailed analysis of the resulting products from polymerization, copolymerization, dimerization and heterotrimerization of ethylene were important parts to clarify mechanistic issues in terms of dimerization and heterotrimerization. The associated high selectivities and activities of the catalysts could be fine-tuned by varying the steric bulk of the ligands and by optimizing the reaction conditions.
Ap- and Ii-ligands are stabilising and directing ligands of α-olefin polymerization catalysts. Complexes, based on zirconium or hafnium as central metals, with the combination of this ligands already showed good activities in ethylene oligomerization. However, titanium complexes could not yet be prepared with both ligands.
The introduction of the Ii-ligand into the ApTi-precursor by using conventional synthesis routes, such as amine or alkane elimination reactions, caused the elimination of the first coordinated Ap-ligand. However, in the present work, this synthesis was achieved by a new synthesis route starting from tribenzylmonochloridotitanium(IV) as a precursor. With this compound it was possible to coordinate the Ap-ligand via alkane elimination reaction first and then the Ii-ligand via salt metathesis in high yields. A corresponding cation was generated by the activation of a dialkyl complex with BF15, isolated and characterized.
In addition to the new mixed ligand complexes (ApIiTiBn2), various intermediates including mono(aminopyridinato)titanium(IV) complexes were synthesized under optimized conditions. The complete characterizations of these compounds were carried out by NMR spectroscopy, elemental analysis and X-ray structure analysis. Indications for such a displacement reaction of the Ap-ligand were given by the evaluation of the X-ray structure analysis of the ApIiTiBn2 system.
In the next step these precatalysts were used with ammoniumborate in polymerization and oligomerization of ethylene. The combination of the two controlling ligands at the titanium centre not only caused a change from polymerization (ApTiBn3) to oligomerization (ApIiTi-Bn2 e.g. with 1-Cyclohexyl-3-(2,6-diisopropylphenyl)imidazolidin-2-imine), but although made it possible to dimerize ethylene to 1-butene selectively.
Compared to the one-ligand systems, the activities increased enormously. Under optimized conditions 4AF proved to be the most interesting precatalyst with the highest selectivity (94 % of 1-butene) and TOF (76 10^6 h^-1). These activities are comparable to those of enzymes and to our knowledge exceed the previously published activities for the dimerization of ethylene. With temperature and pressure studies, it was possible to gain information about mechanistic aspects, for example Schulz-Flory distributions with an unexpected increase in the α-value with increasing temperature or a first order pressure dependence. Further a dependency of the product’s chain length on the steric demand at the pyridine moiety of the Ap-ligand was observed, which enabled the gradual reduction of the molecular weight. Thus averaged molecular weight reduction can be achieved by both the variation of Ap- (fine) and Ii-ligands (coarse) and by lowering the temperature or pressure. The reaction time and the amount of precatalyst or scavenger does not matter apparently. A long-term experiment demonstrated the stability of the activated ApIiTiBn2 system over several hours with a catalyst loading of above 0.03 ppm. Furthermore, the "self-healing" of a CH-activated cation was investigated.
These extraordinary high active, selective and long-time stable systems were tested also for the use of higher olefins as comonomers. With the use of 4AF, it was possible to specify the product spectrum by selective heterotrimerization. Beside the introduction of an ethyl-branch, the olefins were regioselectively elongated with one ethylene monomer. An increase in the chain length of the monomer used only had a lowering effect on the activity, but not on the selectivity. Isolation and characterization of 4-ethylenoct-1-ene, the heterotrimerization product of 1-hexene, offered the formation of the present mechanism. Temperature, time and pressure studies demonstrated similar behaviours in case of molecular weight as the dimerization studies of ethylene before. Only very small deviations of the three-time repetitions of these experiments indicate a very good reproducibility.
The synthesis of various products on a multi-gram scale made it also possible to elongate an already extended product selectively again. Under very mild conditions (1 bar, 15 °C) linear, branched, non-aliphatic and cyclic olefins could be elongated selectively.
Thereby it was possible to synthesize and characterize 4-ethyloctadec-1-ene and 4,6-diethyldodec-1-ene which are, to our knowledge, so far not known in the literature.
These results provide access to a significantly large number of new compounds that can be functionalized as shown by the example of (4-ethyldecyl)diisobutylaluminum.

Weitere Angaben

Publikationsform: Dissertation
Keywords: Titan; Dimerisierung; Heterotrimerisierung; Ethylen; 1-Buthen; verzweigte Olefine; Polyethylen; Oligomerisation; hohe Aktivität; Synthese; Polymerkatalyse; Komplexkatalyse; GHz NMR; Röntgeneinkristallstrukturanalyse; X-Ray; Aminopyridinato; Imidazolidin-2-iminato
Institutionen der Universität: Fakultäten
Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften
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Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften > Fachgruppe Chemie > Lehrstuhl Anorganische Chemie II > Lehrstuhl Anorganische Chemie II - Univ.-Prof. Dr. Rhett Kempe
Fakultäten > Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften > Fachgruppe Chemie > Lehrstuhl Anorganische Chemie II
Titel an der UBT entstanden: Ja
Themengebiete aus DDC: 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 540 Chemie
Eingestellt am: 14 Jan 2023 22:00
Letzte Änderung: 14 Jan 2023 22:00
URI: https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/73363