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Reaktivsprühtrocknung von Graphitoxid zur Synthese Silizium- oder Schwefel-haltiger Kompositelektroden für Lithium-Ionen-Batterien

Titelangaben

Müllner, Sebastian:
Reaktivsprühtrocknung von Graphitoxid zur Synthese Silizium- oder Schwefel-haltiger Kompositelektroden für Lithium-Ionen-Batterien.
Bayreuth , 2024 . - VI, 156 S.
( Dissertation, 2023 , Universität Bayreuth, Fakultät für Ingenieurwissenschaften)
DOI: https://doi.org/10.15495/EPub_UBT_00007417

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Abstract

Der Inhalt dieser Arbeit gliedert sich in drei Themenkomplexe. Die Entwicklung eines Reaktivsprühtrocknungsverfahrens (RST) zur Synthese von Graphen-ähnlichen Matrizes ausgehend von Graphitoxid (GO) - dem sogenannten „reduzierten Graphitoxid“ (rGO). Die Einbettung von Silizium-Nanopartikeln in die rGO-Matrix über das entwickelte Reaktivsprühtrocknungsverfahren zur Anwendung als Anodenmaterial und die Untersuchung der Eignung dieser rGO-Materialien als Matrix in Schwefel-haltigen Kathodenmaterialien für Lithium-Ionen-Batterien.
Grundlage für die Anlagenauslegung der RST stellen kinetische Untersuchungen und Modellierungen dar, wobei die Parameter mittels thermogravimetrischer Analysen ermittelt werden. Die praktischen Versuche können bestätigen, dass die thermische Reduktionsreaktion in der RST trotz der kurzen Verweilzeiten abläuft. Zur Ermittlung des Einflusses des Reduktionsgrades werden verschiedene thermische Nachbehandlungen durchgeführt, wodurch weitere funktionelle Gruppen aus der Matrix entfernt werden. Temperaturnachbehandlungen bei 700 °C führen außerdem zu einer signifikanten Steigerung der kristallinen Fernordnung, die bei weiterer Erhöhung der Reduktionstemperatur jedoch wieder abnimmt. Mit extremeren thermischen Bedingungen setzen außerdem zunehmend unerwünschte Partikelvergröberungseffekte ein, wodurch die gewünschte Graphen-ähnliche Struktur verloren geht. Es wird gezeigt, dass bei rGO-Anodenmaterialien zwei verschiedene (De ) Lithiierungsmechanismen ablaufen: ein hochreversibler Prozess mit den graphitischen Domänen und Faraday’sche Reaktionen mit funktionellen Randgruppen, wobei letztere deutlich weniger reversibel sind. Die Reversibilität kann durch Wasserstoffterminierung als Folge einer reduzierenden Atmosphäre verbessert werden. Die spezifische Kapazität der am stärksten (bei 1000 °C) reduzierten rGO-Materialien ist dennoch über die gesamten 100 Zyklen hinweg die niedrigste aller untersuchten Materialien, da hier die thermische Energie noch nicht ausreicht, um sämtliche Defekte in der graphitischen Struktur auszuheilen, aber die Faraday’schen Reaktionen kaum mehr zur Gesamtkapazität beitragen. Unabhängig davon kann mit steigendem Reduktionsgrad ein linearer Rückgang der irreversiblen Kapazität in den ersten Zyklen beobachtet werden. Auf Basis dieser Ergebnisse erfolgt eine verfahrenstechnische Skalierung der RST Technologie auf Technikumsmaßstab.
Der zweite Abschnitt der Arbeit befasst sich mit Synthese und Charakterisierung von Si-rGO Kompositen über das entwickelte Reaktivsprühtrocknungsverfahren, wobei zusätzlich Silizium-Nanopartikel dispergiert und prozessiert werden. Eine unerwünschte Si-Oxidation durch die wasserdampfhaltige Atmosphäre ist vernachlässigbar. Die Siliziumpartikel beeinflussen aber die Funktionalisierung der rGO-Matrix, was sich während der (De-) Lithiierungsreaktion bemerkbar macht. Mit zunehmendem Si-Anteil sinkt sowohl das Potential der initialen SEI Bildung als auch der Anteil an irreversibler Kapazität während der ersten Zyklen. Zwar kann die Zyklenstabilität von Si/rGO Kompositen aus der RST im Vergleich zu einem Kugelmahlprozess deutlich erhöht werden, nichtdestotrotz nimmt die Kapazität bei Verwendung eines Ethylencarbonat-haltigen Elektrolyten im Laufe der Zyklierung sukzessive ab. Variationen des Leitadditivanteils und des verwendeten Bindersystems ergeben, dass die Zyklenstabilität nicht nur vom Aktivmaterial abhängig ist. Mit erhöhter Zugabe des Leitadditivs Acetylen Carbon Black werden die spezifischen Kapazitäten länger und auf höherem Niveau aufrechterhalten. Ferner ist die optimale Binderzusammensetzung abhängig von der Siliziumpartikelgröße sowie der verwendeten Kohlenstoffmatrix. So ist der für µm-Si vorteilhafte, flexible Binderbestandteil Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) für die Si/rGO Komposite mit Nanopartikeln nicht notwendig. Bei Bindermischungen aus Carboxymethylcellulose (CMC) und SBR überwiegt stattdessen der Vorteil der starken supramolekularen Wechselwirkungen der Carboxygruppen von CMC. Eine Substitution des CMC/SBR-Binders mit lithiierter Polyacrylsäure (LiPAA) führt durch weitere Erhöhung der Konzentration an Carboxygruppen folgerichtig zur höchsten Zyklenstabilität. Der entscheidende Degradationsmechanismus der Si/rGO Anodenmaterialien ist das konstante Wachstum der Solid Electrolyte Interphase (SEI). Die Zusammensetzung und damit auch die Stabilität der SEI ist in erster Linie abhängig vom verwendeten Elektrolyten. Die Verwendung eines Fluorethylencarbonat-haltigen (FEC) Elektrolyten hat nach 100 Zyklen signifikant höhere Kapazitäten zur Folge als Mischungen ohne FEC. Ferner wird der Einfluss der Additive Lithiumnitrat (LiNO3), Lithiumfluorid (LiF) und Phosphorpentoxid (P2O5) auf die SEI-Stabilität untersucht. Das P2O5-Additiv führt allerdings zu keiner erkennbaren Verbesserung der SEI-Stabilität, sondern lediglich zur Erhöhung des Innenwiderstands, wodurch gezeigt werden kann, dass die Flusssäuredissoziation hier keinen entscheidenden Faktor für die Zyklenstabilität darstellt. Die Zugabe von LiF-Nanopartikeln führt zu Beginn der Zyklierung ebenfalls zu erhöhten Widerständen, allerdings im Laufe der Zyklierung zu einer signifikant geringeren Degradation. Die Zugabe von LiNO3 hingegen resultiert durchweg in einer erhöhten Kapazität, jedoch ohne merklichen Einfluss auf den Degradationsverlauf.
Im dritten Teil dieser Arbeit wird die Eignung von rGO aus der RST als Matrix in Schwefel-Kathoden untersucht. Aus einem Vergleich von unbehandeltem GO mit rGO direkt aus der RST-Anlage sowie thermisch nachbehandeltem Material geht hervor, dass ein Kompromiss aus ausreichender Elektronenleitfähigkeit und Funktionalisierung, die für eine erhöhte Polysulfid-Adsorption sorgt und damit zu höherer Zyklenstabilität führt, gefunden werden muss. Zur Ermittlung des Optimums aus Funktionalisierung und elektrischer Leitfähigkeit wird eine Temperaturvariation während der thermischen GO-Reduktion durchgeführt. Die rGO Matrix, die bei der geringsten Temperatur reduziert wird, zeigt die höchste Reversibilität, wobei keinerlei Auswirkungen der geringen elektrischen Leitfähigkeit detektiert werden. Für die nicht-reduzierte GO-Matrix können hingegen signifikante (resistive) Überspannungen beobachtet werden, die die Nutzung des Aktivmaterials limitieren. Ferner ist festzustellen, dass Schwefel an der thermischen Reduktion von GO teilnimmt, was zu deutlich geringeren Sauerstoffgehalten in der rGO-Matrix führt. Trotzdem kommt es zur thermischen Exfolierung, was in einer erhöhten spezifischen Oberfläche sowie elektrischen Leitfähigkeit resultiert. Die höhere Oberfläche besitzt einen signifikant größeren Einfluss auf die Zyklenstabilität als die Sauerstofffunktionalisierung der rGO-Matrix. Ferner kann die Zyklenstabilität durch eine Schwefel-freie rGO Schutzschicht zwischen Kathode und Separator signifikant erhöht werden. Aus dem unterschiedlichen Degradationsverhalten der S/rGO-Kathodenmaterialien mit und ohne Schutzschicht werden zwei Degradationsmechanismen postuliert. Bei der Kathode ohne Schutzschicht kann eine irreversible Lithiierung zu Li2S beobachtet werden, was auf eine inhomogenen Abscheidung zurückgeführt wird. In Folge der sehr geringen elektrischen Leitfähigkeit kann Li2S ab einer kritischen Clustergröße nicht mehr delithiiert werden. Die Degradation der Kathode mit Schutzschicht verläuft hingegen auf andere Weise. Hier stammt der Kapazitätsverlust aus einer Reduktion der spezifischen Kapazität von der Delithiierung hin zur Lithiierung, was deutlich darauf hinweist, dass die Schutzschicht zunehmend gefüllt wird und erstmals Polysulfid-Spezies von der Kathode in Richtung Anode diffundieren können.

Abstract in weiterer Sprache

The scope of this PhD thesis can be divided into three main topics. The development of a reactive spray drying (german: Reaktivsprühtrocknung, RST) process for the synthesis of graphene-like matrices starting from graphite oxide (GO); the so-called "reduced graphite oxide" (rGO). Embedding silicon nanoparticles into the rGO matrix via the developed reactive spray drying process for application as anode materials and the investigation of the suitability of these rGO materials as matrix in sulfur-containing cathode materials.
The RST plant design is based on kinetic studies and modelling, with the parameters being obtained from thermogravimetric analyses. The practical investigations confirm that the thermal reduction reaction in the RST proceeds despite the short residence times. Various thermal post-treatments are done to determine the influence of the reduction degree by removing more functional groups from the matrix. Temperature post treatments at 700 °C further lead to a significant increase in crystalline long-range order, but this decreases, as the reduction temperature is further increased. Further, with more extreme thermal conditions, undesirable particle coarsening effects begin to occur, resulting in the loss of the desired graphene-like structure. Two different (de)lithiation mechanisms occur in rGO anode materials: a highly reversible process involving the graphitic domains and faradaic reactions with functional groups on the edge plane, the latter being much less reversible. Reversibility can be enhanced by hydrogen termination as a consequence of a reducing atmosphere. Nevertheless, the specific capacity of the most reduced (at 1000 °C) rGO materials is the lowest of all investigated materials over the entire 100 cycles, since here the thermal energy is still insufficient to effectively heal all defects in the graphitic structure, but the faradaic reactions barely contribute to the overall capacity. Independently of this, a linear decrease in irreversible capacity can be observed in the first cycles as the degree of reduction increases. Based on these results, a scale-up of the RST technology to pilot plant scale is carried out.
The second part focuses on synthesis and characterization of Si-rGO composites using the developed reactive spray drying method, with additional dispersion and processing of silicon nanoparticles. Undesired Si oxidation by the steam-containing atmosphere is negligible. However, the silicon particles affect the functionalization of the rGO matrix, which is noticeable during the (de)lithiation reaction. With increasing Si content, both the potential of initial SEI formation and the proportion of irreversible capacity during the first cycles decrease. Although the cycling stability of Si/rGO composites from RST can be significantly increased compared to a ball milling process, the capacity decreases successively during cycling when using an ethylene carbonate-containing electrolyte. Variations of the conductive additive content as well as the used binder system show that the cycling stability is not only dependent on the active material. With an increased addition of the conductive additive acetylene carbon black, the specific capacities are maintained at higher levels for extended times. Furthermore, the optimum binder composition depends on the silicon particle size as well as the carbon matrix used. The flexible binder component styrene butadiene rubber (SBR), which is advantageous for µm-sized Si, is not necessary for the Si/rGO composites containing Si nanoparticles. Instead, for binder blends of carboxymethyl cellulose (CMC) and SBR, the strong supramolecular interactions of the carboxy groups of CMC are advantageous. Substitution of the CMC/SBR binder with lithiated polyacrylic acid (LiPAA) consequently leads to the highest cycling stability by further increase of the concentration of carboxy groups. However, the crucial degradation mechanism of Si/rGO anode materials is the continuous growth of the solid electrolyte interphase (SEI). The composition and stability of the SEI depends primarily on the electrolyte used. The use of an electrolyte containing fluoroethylene carbonate (FEC) results in significantly higher capacities after 100 cycles than mixtures without FEC. Furthermore, the influence of the additives lithium nitrate (LiNO3), lithium fluoride (LiF) and phosphorus pentoxide (P2O5) on the SEI stability is investigated. However, P2O5 does not lead to any detectable improvement in SEI stability, but only to an increase in internal resistance, demonstrating that HF dissociation is not a decisive factor for cycling stability here. Despite the increased internal resistance at the beginning of the cycling by the addition of LiF nanoparticles, a significantly lower degradation can be observed in the course of cycling. In contrast, the addition of LiNO3 consistently leads to an increase in capacity without noticeably affecting the degradation behaviour.
In the third part, the suitability of rGO from RST as a matrix in sulfur cathodes is investigated. From a comparison of untreated GO with rGO directly from the RST plant and thermally post-treated, it is found that a compromise must be made between sufficient electron conductivity and functionalization, which leads to increased polysulfide adsorption and thus to cycling stability. To determine the optimum of functionalization and electrical conductivity, temperature variation is performed during thermal GO reduction. The rGO matrix reduced at the lowest temperature shows the highest reversibility, while no effects of low electrical conductivity can be detected. On the contrary, significant (resistive) overpotentials can be observed for the non-reduced GO matrix, limiting the use of the active material. Furthermore, it is found that sulfur participates in the thermal reduction of GO, which leads to significantly lower oxygen contents in the rGO matrix. Nevertheless, thermal exfoliation occurs, resulting in increased specific surface area as well as electrical conductivity. The higher surface area has a much stronger influence on the cycling stability than the oxygen functionalization. Furthermore, the cycling stability can be significantly enhanced by a sulfur-free rGO protective layer between cathode and separator. Two degradation mechanisms are postulated from the different degradation characteristics of the S/rGO cathode materials with and without protective layer. For the cathode without a protective layer, irreversible lithiation to Li2S can be observed, which is attributed to inhomogeneous deposition. As a consequence of the very low electrical conductivity, Li2S cannot be delithiated after reaching a critical cluster size. The degradation of the cathode with protective layer proceeds in a different way. Here, the capacity loss is due to a decrease in specific capacity from delithiation to lithiation, indicating that the protective layer is increasingly filled, and polysulfide species can diffuse from the cathode to the anode for the first time.

Weitere Angaben

Publikationsform: Dissertation
Keywords: Reaktivsprühtrocknung; Graphitoxid; Graphen; Silizium-Anode; Schwefel-Kathode; Lithium-Ionen-Batterie
Institutionen der Universität: Fakultäten
Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften
Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften > Lehrstuhl Werkstoffverfahrenstechnik
Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften > Lehrstuhl Werkstoffverfahrenstechnik > Lehrstuhl Werkstoffverfahrenstechnik - Univ.-Prof. Dr. Christina Roth
Graduierteneinrichtungen > University of Bayreuth Graduate School
Graduierteneinrichtungen
Titel an der UBT entstanden: Ja
Themengebiete aus DDC: 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften
Eingestellt am: 20 Jan 2024 22:01
Letzte Änderung: 22 Jan 2024 06:59
URI: https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/88296