Titelangaben
Lang, Gregor:
Herstellung und Charakterisierung von Fasern aus rekombinanten Spinnenseidenproteinen und deren potentielle Applikationen.
Bayreuth
,
2015
. - III, 167 S.
(
Dissertation,
2015
, Universität Bayreuth, Fakultät für Ingenieurwissenschaften)
Abstract
Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt auf der Umsetzung eines Verfahrens zum elektrostatischen Spinnen von Submikrofasern aus eADF4-Proteinen (engineered A. diadematus fibroin 4), wobei in einem Parallelansatz zum Vergleich ein Nassspinnverfahren zur Herstellung von Mikrofasern aus wässrigen eADF3-Lösungen (engineered A. diadematus fibroin 3) angewendet wurde. Im Rahmen der Arbeit wurde eine Elektrospinnanlage konstruiert und gebaut, die es einerseits ermöglicht großflächig homogen verteilte Vliese herzustellen, und die andererseits für das Spinnen ausgerichteter Fasermatten geeignet ist. Die entscheidenden Parameter zur Kontrolle des Prozesses lagen dabei in der gezielten Orientierung des beim Verspinnen angelegten elektrischen Feldes, sowie in den Eigenschaften der verarbeiteten Spinnlösungen. Durch den Einsatz einer Sekundärelektrode am Spinnkopf sowie einer Verschalung am Kollektor gelang es, die Ablagefläche der Fasern und damit den Materialverlust beim Spinnen ausgerichteter Fasern signifikant zu reduzieren, was anhand elektrostatischer Feldsimulationen theoretisch erklärt werden konnte. Um einen möglichen Einfluss des Molekulargewichts der rekombinanten Seide beim elektrostatischen Spinnen zu klären, wurden die Seidenproteine eADF4(C16) (Monomer: 48 kDa) und eADF4(C32NR4) (Dimer: 208 kDa) verarbeitet. Zur Einstellung der morphologischen Vliesbeschaffenheit wurden unterschiedlich konzentrierte Proteinlösungen aus Hexafluor-2-Propanol versponnen und die resultierenden Faserdurchmesser mikroskopisch untersucht. Auf Basis rheologischer Untersuchungen konnte der systematische Einfluss des Proteinmolekulargewichts und der Konzentration auf die Viskosität der Spinnlösungen und die resultierenden Faserdurchmesser nachvollzogen werden.
Im nächsten Schritt wurde ein Nachbehandlungsverfahren entwickelt, um die amorphe Sekundärstruktur der wasserlöslichen eADF4-Fasern in ihre wasserunlösliche, kristalline β-Faltblatt-reiche Form zu überführen. Dabei sollte die empfindliche Morphologie der Vliese erhalten bleiben. Zu diesem Zweck wurden eADF4-Vliese mit Methanol, Ethanol und 2-Propanol bedampft, wobei ein signifikanter Einfluss des Alkohols auf die erforderliche Behandlungsdauer festgestellt wurde. Die zeitliche Zunahme von β-Faltblättern wurde mittels FT-IR gemessen und konnte anhand eines mathematischen Modells für isotherme Kristallisation beschrieben werden. Dabei wurde gezeigt, dass die Faltungskinetik bei der Nachbehandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die Diffusion der Alkohole in die Struktur limitiert wird, weshalb niedermolekulare Alkohole aufgrund ihrer geringeren molekularen Größe zur schnelleren Kristallisation führten.
Im Folgenden wurden ausgerichtete elektrostatisch gesponnene eADF4-Fasermatten zu Garnen verdrillt und im unbehandelten sowie behandelten Zustand durch quasistatische und dynamische Zugversuche mechanisch untersucht. Der Fokus lag dabei auf dem Einfluss der Nachbehandlung, sowie der Luftfeuchtigkeit, wobei zum Vergleich natürliche Dragline und nassgesponnene Fäden aus eADF3(AQ12), eADF3(AQ12NR3) und eADF3(AQ24) einbezogen wurden. Ferner wurden, um den Einfluss der Garnmorphologie auf die hygroskopischen Eigenschaften evaluieren zu können, die Polymere Polycaprolacton und Polyamid 6 identisch zu eADF4-Proteinen verarbeitet und mechanisch gemessen. Durch Vergleich des luftfeuchtigkeitsabhängigen Verhaltens unbehandelter und nachbehandelter eADF4-Garne mit der Mechanik natürlicher Dragline und nassgesponnener eADF3-Fasern konnte auf Basis von gängigen Strukturmodellen natürlicher Seidenproteine der Einfluss der Nachbehandlung und der Luftfeuchtigkeit auf das mechanische Verhalten der eADF4-Garne auf molekularer Ebene beschrieben werden. Ferner wurde anhand von nassgesponnenen eADF3-Proteinen die Bedeutung des wässrigen Lösungsmittels und der scherinduzierten Molekülausrichtung auf die Assemblierung mechanisch stabiler Fasern aufgeführt.
Obgleich elektrostatisch versponnene eADF4-Fasern den nassgesponnenen eADF3-Fasern mechanisch unterlegen sind, konnte ihre Eignung für potentielle medizin- und filtertechnische Applikationen experimentell nachgewiesen werden. Zu diesem Zweck wurde im Rahmen von Zellkulturexperimenten das Adhäsions- und Proliferationsverhalten von Fibroblasten auf eADF4-Vliesen mit unterschiedlichen Faserdurchmessern untersucht. Dabei wurde gezeigt, dass sich das Zellwachstum durch gezielte Einstellung der Faserdurchmesser signifikant beeinflussen lässt. In Hinsicht auf Filteranwendungen wurden kommerziell erhältliche Polyamidgewebe elektrostatisch mit eADF4-Vliesen besponnen und die resultierende Luftdurchlässigkeit und Abscheiderate analysiert. Es wurde gezeigt, dass unter geringem Materialeinsatz bereits sehr gute Abscheideraten mit anwendungsgerechter Luftdurchlässigkeit erzielt werden konnten. Anhand eines aus der Literatur bekannten Modells konnten die theoretisch zugrundeliegenden Abscheidemechanismen identifiziert und somit die Grundlage für eine gezielte anwendungsadaptierte Filtergestaltung geschaffen werden.
Abstract in weiterer Sprache
The main focus of this work was on developing an electrostatic spinning method to produce eADF4-submicron fibers (engineered A. diadematus fibroin 4) from hexafluoroisopropanol, whereas in parallel an approach of wet-spinning eADF3-microfibers (engineered A. diadematus fibroin 3) from aqueous solutions was applied in comparison. In the first step, an electrospinning system was designed and constructed allowing the production of large areas of homogeneously distributed nonwoven mats as well as aligned fibers. The key parameter for optimization and control of the process was a targeted orientation of the electrostatic field on one hand, and a variation of the spinning dope properties on the other hand. By applying a secondary electrode at the spinning head and shielding of the collector, the deposition area of the fibers and thus the loss of material during aligned fiber spinning was significantly reduced, which was additionally explained by electrostatic field simulations. In order to determine the influence of protein molecular weight on the resulting fiber properties, spinning experiments were performed with eADF4(C16) (monomeric: 48 kDa) and eADF4(C32NR4) (dimeric: 208 kDa). The morphological characteristics of electrospun nonwovens were influenced by varying the spinning dope concentration, and the resulting fiber diameters were examined microscopically. Based on rheological studies of the spinning solutions, the systematic effect of molecular weight on the viscosity and the resulting fiber diameters could be determined.
In the next step, a treatment method has been developed to convert the amorphous secondary structure of the water-soluble eADF4 fibers in their water-insoluble, crystalline β-sheet-rich form. The delicate morphology of the nonwovens should thereby be preserved. For this purpose eADF4-nonwoven mats were vaporized with methanol, ethanol and 2-propanol, whereby a significant influence of the type of alcohol on the required treatment duration was observed. The temporal increase in β-sheets was measured by FT-IR and could be described using a mathematical model for isothermal crystallization. The results indicated that the folding kinetics of eADF4(C16) during vapor treatment are limited by the diffusion of the alcohols into the protein structure, which explains why low molecular weight alcohols lead to a faster crystallization.
For performance of quasi-static and dynamic tensile tests, aligned electrospun eADF4-fiber mats were twisted into yarns and measured with or without previous treatment. Here, the main focus was set on the influence of post-treatment and the surrounding humidity. In addition, natural dragline and wet spun fibers of eADF3(AQ12), eADF3(AQ12NR3) and eADF3(AQ24) were included for comparison. Furthermore, the synthetic polymers polycaprolactone and polyamide 6 were processed and mechanically measured in the same manner as eADF4 to evaluate the influence of the yarn morphology on the hygroscopic properties. By comparing the humidity-dependent behavior of untreated and treated eADF4 yarns with the mechanical properties of natural dragline and wet-spun eADF3-fibers it was possible to describe, on the basis of common structural models of natural silk proteins, the influence of the treatment and humidity on the mechanical behavior of the eADF4 yarns on a molecular level. Moreover, the importance of the aqueous solvent and the shear-induced molecular alignment on the assembly properties of mechanically stable fibers was shown, based on wet-spun eADF3 proteins (published in Advanced Materials, 2015)[229].
Although electrostatically spun eADF4 fibers are mechanically inferior to the wet-spun eADF3 fibers, their potential suitability for medical and filter technological applications has been experimentally demonstrated. Therefore, the adhesion and proliferation behavior of fibroblasts on eADF4 nonwoven mats with different fiber diameters was examined. It was shown that cell growth can be significantly influenced by adjusting the fiber diameters. In terms of filter applications, eADF4 nonwovens were directly spun onto commercially available polyamide fabrics and the resulting air permeability and retention rate were analyzed. It was shown that already small amounts of spider silk nonwoven mats achieved very good retention rates with application-appropriate air permeability. Based on a theoretical model, the underlying deposition mechanisms could be identified, allowing targeted application-adapted filter development.