Titelangaben
Fu, Lin:
Trauma in Chinese North American Fiction.
Bayreuth
,
2015
. - VIII, 203 S.
(
Dissertation,
2015
, Universität Bayreuth, Sprach- und Literaturwissenschaftliche Fakultät)
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Abstract
Als Trauma wird ein qualvoller Zustand bezeichnet, der zu einer Destabilisierung des individuellen und kollektiven Wohlbefindens führt und besondere Herausforderungen an unser Leben stellt. Diese Studie untersucht das Phänomen Trauma als interpretatives Werkzeug sowie als strategischen Tropus und hat sich zum Ziel gesetzt, Traumata in der chinesisch-nordamerikanischen Literatur zu untersuchen. Dabei liegt der spezielle Fokus auf Fragen häuslicher Gewalt, sozialer Unterdrückung und sozialer Ungerechtigkeit. Gestützt auf Theorien zur Traumaforschung der Psychologie, Sozialwissenschaften und Literaturwissenschaft hat diese Studie den Anspruch, herauszuarbeiten, wie wissenschaftliche Theorien über Traumata mit fiktionalen Traumadarstellungen in Romanen korrelieren - und wie beide Perspektiven Verständnisse von traumatischen Erlebnissen bereichern können. Dabei werden Kenntnisse, die aus den Interpretationen gewonnen werden, in die Traumatheorie zurückgeführt.
Diese Studie versucht zudem, die Interpretationsmöglichkeiten über die Vorstellung von Traumata zu erweitern, indem die psychologisch-physiologischen Aspekte von menschlicher Verzweiflung, hervorgerufen durch Immigration, in die Untersuchung mit einbezogen werden. Durch die Analyse der Dynamik der Einwandererfamilie, die in Lan Samantha Changs Roman Hunger (1998, USA) dargestellt wird, soll aufgezeigt werden, dass Immigration an sich nicht zwangsläufig Traumata hervorrufen muss. Vielmehr sind die vorhergehenden persönlichen Lebenserfahrungen (sog. Prä-Immigrationsbedingungen) sowie die akkumulierten Post-Immigrationserfahrungen der Auslöser von Traumata für die chinesisch-amerikanischen Romancharaktere.
Zudem richtet diese Studie den Fokus auf Traumata, die, durch Rassismus und Doppel-Identität hervorgerufen, bei der chinesischen Minderheit in Kanada bestehen. Durch das Studium des Romans Banana Boys (2000, Kanada) von Terry Woo in Verbindung mit Artikeln über Rassismus-bezogene Traumata von Bryant-Davis und Ocampo sowie DuBois’ Konzept des "Doppel-Bewusstseins" versucht diese Arbeit aufzuzeigen, wie die andauernde Bedrängnis sich bereits im Bewusstsein der chinesischen Migrant_innen verwurzelt hat. Jene Bedrängnis, provoziert durch wiederholten Rassismus sowie durch Verleugnung der eigenen kulturellen Authentizität, führt zu einem zerrissenen Selbstwertgefühl sowie zu Zweifeln an der eigenen „kulturellen Zugehörigkeit“.
Weiterhin versucht diese Studie, den historischen Zusammenhang zwischen kollektivem Trauma auf nationaler Ebene einerseits und Traumaerfahrungen der Person auf individueller Ebene andererseits analytisch zu durchdringen. Anhand einer Fallstudie zur chinesischen Kulturrevolution, wie sie in Yan Lis Werk Lily in the Snow (2009, Kanada) repräsentiert ist, will diese Arbeit beweisen, dass dieses politische Ereignis einen massiven Einfluss auf zwei Generationen von Chines_innen hatte, deren Glaubenssätze und Lebenswege durch die sinnlose Grausamkeit dieser staatlichen Aktion geprägt worden sind. Diese Dissertation argumentiert weiterhin am Beispiel der Kulturrevolution, dass für diktatorische Gesellschaftssysteme einfache Schemata, die nach Opfer hier und Täter dort differenzieren, nicht tragen können, weil es zum Wesen solcher Systeme gehört, Opfer in Schuld (gefühle) zu verwickeln.
Schließlich wird diese Studie beschreiben, wie der Roman The Bonesetter’s Daughter (2001, USA) von Amy Tan die Fehlkommunikation zwischen Müttern und Töchtern, Geistergeschichten sowie die verwundeten und mit körperlichen Narben übersäten Überlebenden von traumatischen Situationen als stilistische Mittel nutzt, um Traumata zu porträtieren. Ferner demonstriert der Roman, wie die Akkumulation von aufdringlichen traumatischen Erinnerungen über die Jahre hinweg zu einer Dringlichkeit und Notwendigkeit führen, diese Traumata durch den Akt des Schreibens und Übersetzens loszulassen. Diese Arbeit soll zeigen, dass jene Akte des Schreibens und Übersetzens wie durchgeführte kulturelle "Exorzismen" wirken. Deren Zweck ist es nicht, die Erinnerungen an Traumata völlig auszulöschen, sondern ihre tieferliegende existenzielle Bedeutung herauszufinden, um einen gerechtfertigten Frieden mit der Vergangenheit schließen zu können. Damit leistet die vorliegende Studie einen wichtigen Beitrag zur Theoretisierung von (fiktionalen Repräsentationen von) Trauma im transkulturellen Kontext.
Abstract in weiterer Sprache
Trauma, a distressful condition which contributes to the destabilization of individual and collective well-being, poses unique challenges to our lives. This study employs trauma both as an interpretive tool and a strategic trope to examine traumas in Chinese North American fiction, with a particular focus on issues of domestic adversity, social oppression, and social injustice. Drawing upon trauma theories from psychology, sociology, and literary studies, this study seeks to investigate how trauma theories resonate with narratives of traumas, and how they both enrich our understanding of traumatic experiences. In doing so, conclusions drawn from the interpretations will be tested and fed into theories on trauma.
The study hereby also expands the interpretive feasibilities of the notion of trauma by encompassing the psycho-physiologically distress triggered by immigration. By examining the dynamics of the immigrant family portrayed in Lan Samantha Chang’s Hunger (1998, USA), the study argues that immigration as such does not necessarily cause traumas; rather, the Chinese American characters’ pre-immigration experiences, as well as a series of cumulative post-immigration conditions, trigger their traumas.
Moreover, the study brings attention to the trauma of racism and trauma that is part of double consciousness experienced by Chinese minority subjects in Canada. Through reading Terry Woo’s Banana Boys (2000, Canada) in dialogue with Bryant-Davis and Ocampo’s articles on racism-related trauma, and Du Bois's notion of double consciousness, this study proposes that the enduring affliction arising from repeated exposure to sustained racism and denial of their cultural authenticity is ingrained in Chinese minority subjects’ consciousness, disrupting their sense of self and sense of belonging.
Furthermore, the study seeks to demonstrate the interconnection between historical trauma on a national scale and the anguish experienced by the individual. Through the case study of Chinese Cultural Revolution as represented in Yan Li’s Lily in the Snow (2009, Canada), the study discusses its massive impact on two generations of people whose beliefs and lives have been shaped by the senseless ferocity of the movement, and argues that distorted historical circumstances destabilize the stringent dichotomy of victim and perpetrator.
Finally, the study discusses how Amy Tan’s novel The Bonesetter’s Daughter (2001, USA) utilizes miscommunication between mothers and daughters, ghost narratives, and trauma survivor’s body to demonstrate trauma, and how the accumulation of intrusive traumatic memories over the years speaks of the urgency and necessity for them to be unleashed through the act of writing and translation. It argues that the act of writing and translation functions as conducting cultural exorcisms, the purpose of which is not to eradicate the hunting memories of trauma, but to negotiate the meaning of their existence out of a concern for justice, and to attain peace with the past. In doing so, the study opens up new perspectives on and research finding about (fictional representations of) trauma in transcultural contexts.
Weitere Angaben
Publikationsform: | Dissertation |
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Keywords: | Trauma; Cultural Trauma; Anglophone Chinese Fiction |
Institutionen der Universität: | Fakultäten Fakultäten > Sprach- und Literaturwissenschaftliche Fakultät Fakultäten > Sprach- und Literaturwissenschaftliche Fakultät > Professur Englische Literaturwissenschaft und anglophone Literaturen > Professur Englische Literaturwissenschaft und anglophone Literaturen - Univ.-Prof. Dr. Susan Arndt Fakultäten > Sprach- und Literaturwissenschaftliche Fakultät > Professur Englische Literaturwissenschaft und anglophone Literaturen |
Titel an der UBT entstanden: | Ja |
Themengebiete aus DDC: | 800 Literatur > 800 Literatur, Rhetorik, Literaturwissenschaft 800 Literatur > 810 Amerikanische Literatur in Englisch 800 Literatur > 890 Andere Literaturen |
Eingestellt am: | 22 Aug 2015 21:00 |
Letzte Änderung: | 22 Aug 2015 21:00 |
URI: | https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/18709 |