Titelangaben
Maier, Raimund:
Charakterisierung modularer Peptidyl-Prolyl-cis-trans-Isomerasen.
Bayreuth
,
2014
. - 153 S.
(
Dissertation,
2014
, Universität Bayreuth, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften)
Abstract
Im Rahmen dieser Arbeit sollte ein tieferer Einblick in die Funktionsweise modular aufgebauter Peptidyl-Prolyl-cis-trans-Isomerasen gewonnen werden. Diese bestehen aus mehreren Domänen: Eine enzymatisch aktive Prolylisomerasedomäne wird durch eine oder mehrere zusätzliche Domänen in ihrer Wirkung unterstützt.
Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit lag auf dem Trigger-Faktor aus E.coli. Trigger-Faktor ist ein ribosomenassoziierter Faltungshelfer, der auf einer Proteinkette zwei Funktionen vereint: Chaperonaktivität und Prolylisomeraseaktivität gegenüber naszierenden Proteinketten. Im Rahmen dieser Arbeit konnte ich zeigen, dass diese Chaperonaktivität stark genug ist, das Ausfallen eines aggregationsanfälligen Proteins völlig zu unterdrücken.
Auf den ersten Blick erscheint die Chaperonbindung einer naszierenden Proteinkette unmittelbar am Ribosom ideal. Jedoch kann diese unspezifische Bindung auch schnelle Faltungsreaktionen behindern. In dieser Arbeit konnte ich nachweisen, dass Trigger-Faktor tatsächlich die in vitro-Faltung sowohl eines Proteins mit „nativen“ Prolylisomeren als auch eines Proteins, das bei seiner Faltung gar keine Prolylisomerisierungen durchläuft, verlangsamt. Bei derartigen Rückfaltungsexperimenten treten die Chaperon- und PPIaseaktivitäten in unterschiedlichen Konzentrationsbereichen zutage: Bei nanomolaren Konzentrationen dominiert die Prolylisomerasefunktion, während im mikromolaren Bereich die Bindungsfunktion und somit der Chaperoncharakter überwiegt.
Die Bindung des Trigger-Faktors an zwei verschiedene entfaltete Proteine, von denen bekannt war, dass sie als kompetitive Inhibitoren wirken, wurde kinetisch untersucht. Dabei zeigte sich, dass die oben beschriebenen, für die Faltung ungünstigen Effekte durch eine schnelle Substratbindung und –freisetzung minimiert werden. Der Komplex zwischen Trigger-Faktor und Substrat ist mit einer Halbwertszeit von nur ca. 120 ms sehr kurzlebig. Die Komplexassoziation verläuft im selben Zeitfenster. Daher können sich schnell faltende Proteine einer unerwünschten Bindung entziehen, während Proteine mit nicht-nativen Prolylisomeren nicht fertig falten und somit erneut zur Katalyse an Trigger-Faktor binden können. Anders als DnaK bindet Trigger-Faktor seine Substrate dynamisch und nukleotidunabhängig. Dies dürfte für eine hohe katalytische Aktivität von Vorteil sein, nicht jedoch für eine möglichst effiziente Chaperonwirkung. Die synthetische Letalität, die auftritt, wenn die Gene für DnaK und Trigger-Faktor gleichzeitig ausgeschaltet werden, dürfte daher eher von einer indirekten Kopplung als von überlappenden Funktionen herrühren. In Abwesenheit von Trigger-Faktor ist die Proteinfaltung verzögert und somit entstehen mehr Proteinaggregate. Fehlt gleichzeitig DnaK, kann diese Aggregatbildung nicht mehr unterdrückt werden und auch die Entsorgung dieser Aggregate findet nicht mehr ausreichend statt. Abgesehen von den Unterschieden bei der Wirkungsweise von Trigger-Faktor und DnaK konnte ich in dieser Arbeit zeigen, dass beide ähnliche Bindungsmotive besitzen: Das typische TF-Bindungsmotiv ist eine Sequenz aus ca. acht Aminosäuren mit bevorzugt basischen und hydrophoben Resten. Es ist vorstellbar, dass sich solch eine Häufung hydrophober und positiv geladener Aminosäuren als generelles Erkennungsmotiv verschiedener Chaperone für entfaltete Proteine entwickelt hat.
Zusätzlich zur Bindungsdynamik zwischen Trigger-Faktor und Proteinsubstraten war die Kinetik der Assoziation mit dem Ribosom für diese Arbeit von besonderem Interesse. Ich habe Trigger-Faktor in seiner ribosomenbindenden N-terminalen Domäne mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert und untersucht, wie TF mit dem Ribosom wechselwirkt. Durch Fluoreszenzmessungen konnte ich zeigen, dass Assoziation und Dissoziation des TF-Ribosomenkomplexes verhältnismäßig langsame Prozesse sind. Die durchschnittliche Lebenszeit des Komplexes liegt bei 20°C bei 30 s. Es besteht also ein großer Unterschied in der Dynamik der Wechselwirkungen des Trigger-Faktors mit Ribosomen und mit Proteinsubstraten. Dadurch wird sichergestellt, dass Trigger-Faktor während der gesamten Synthesezeit einer Proteindomäne am Ribosom gebunden bleibt, während er die neu entstehende Kette durch schnelles Binden und Loslassen nach zu isomerisierenden Prolylbindungen absuchen kann.
Sechs weitere modular aufgebaute PPIasen wurden im Rahmen dieser Arbeit untersucht. Für einige von ihnen konnte gezeigt werden, dass sie ideale technische Hilfsmittel für die rekombinante Expression aggregationsempfindlicher Proteine sind. Durch kovalente Fusion an ein instabiles leicht aggregierendes Protein konnte dies für lange Zeit in Lösung gehalten werden. Interessanterweise spielte die Prolylisomeraseaktivität für diese Anwendung keine Rolle. Ich konnte zeigen, dass SlyD, FkpA und SurA aus E. coli, FKBP18 aus Thermococcus
sp. KS-1 und TF aus Thermotoga maritima gegenüber faltenden Proteinsubtraten eine deutlich höhere Prolylisomeraseaktivität zeigen als eine isolierte FKBP-Domäne. Nur FKBP22 aus Neurospora crassa besitzt eine sehr schwache Aktivität, die durch die zusätzliche Domäne in keiner Weise unterstützt wird.
Bei den beiden PPIasen aus thermophilen Organismen, TcFKBP18 und TmTF, zeigte sich die größere Aktivität erst bei höheren Temperaturen. Es ist bemerkenswert, dass sogar Organismen, die bei 80°C und mehr leben, Prolylisomerasen nutzen, obwohl doch die spontane Isomerisierungsgeschwindigkeit bei diesen Temperaturen hoch genug sein sollte, um eine effiziente Proteinfaltung zu ermöglichen.
All diese hochaktiven Prolylisomerasen verdanken ihre verbesserte Aktivität der Mitwirkung mindestens einer zusätzlichen Domäne. Diese zusätzliche Domäne bietet eine weitere, wenig spezifische Substratbindungsstelle für entfaltete Proteine. Daher zeigen alle dieser stark aktiven modularen Prolylisomerasen auch Chaperonaktivität. Durch Bindung entfalteter Proteine erhöhen die Chaperondomänen in der Umgebung des aktiven Zentrums der Prolylisomerase die Konzentration potentieller Substrate und machen die Isomerase so zu einem hocheffizienten Faltungshelferenzym.
Abstract in weiterer Sprache
It was the aim of this thesis to gain deeper insight into the function of modular peptidyl prolyl cis-trans-isomerases. These enzymes consist of several domains: an active prolyl isomerase domain that is supported in its action by one or several additional domains.
This work focused in particular on the prolyl isomerase trigger factor of E. coli. Trigger factor is a ribosome associated folding helper that harbors two functions in one protein chain: chaperoning of nascent proteins and catalyzing prolyl isomerization in their folding. I could show in this work that trigger factor’s chaperone function is strong enough to completely suppress the aggregation of a highly aggregation prone protein.
At first sight, immediate chaperone binding of a newly synthesized protein chain at the ribosome should be ideal. On the other hand, immediate unspecific binding might impede rapid protein folding reactions. In this work, I could show that trigger factor indeed retards the in vitro folding of both a protein with native prolyl isomers and a protein that does not involve proline isomerization in its folding pathway. In these refolding experiments, trigger factor exhibited its isomerase and chaperone functions in different concentration ranges. At nanomolar concentrations the catalytic prolyl isomerase function was dominating, whereas in the micromolar range the binding function and thus the chaperone character were prevailing.
I analyzed the kinetics of binding of trigger factor to two different unfolded proteins that were known to be competitive inhibitors of trigger factor action. This analysis revealed that the adverse effects of trigger factor on conformational folding are minimized by rapid binding and release. The complex between trigger factor and a substrate protein is very short-lived with a half-life of only about 120 ms. Association of the complex occurs in the same time range. Fast-folding proteins can thus escape from an accidental interaction with trigger factor, whereas proteins with non-native prolyl isomers cannot fold properly and thus will remain good substrates for repeated rounds of catalysis by trigger factor. Unlike DnaK, trigger factor binds and releases its protein substrates dynamically and independent of nucleotides such as ATP. This should be of advantage for high catalytic activity rather than for efficient chaperoning. Synthetic lethality occurring when genes for trigger factor and DnaK are knocked out simultaneously results probably from an indirect linkage rather than from overlapping functions. In absence of TF, protein folding is retarded and thus more aggregates develop. If DnaK is missing simultaneously, this aggregation can no longer be suppressed, and aggregates are no longer disposed of sufficiently.
Apart from these differences in action of trigger factor and DnaK, I could show in this work that both share similar binding motifs. The typical trigger factor binding motif consists of a stretch of about eight amino acids with a preference for hydrophobic and basic residues. It is conceivable that such an accumulation of hydrophobic and positively charged amino acids has evolved as a general recognition motif for unfolded proteins in different chaperones.
Additionally to the binding dynamics of trigger factor to substrate proteins, this work focused also on the kinetics of interaction of trigger factor with the ribosome. Trigger factor was labelled in its amino terminal, ribosome binding domain with a fluorescent dye to investigate how it interacts with the ribosome. I found that association and dissociation of the TF-ribosome complex are rather slow reactions. At 20°C the average life time of the complex is around 30 s. Obviously, there are strong differences in the dynamics of the interactions of trigger factor with the ribosome and with protein substrates. This ensures that TF remains bound to the ribosome during the synthesis of a complete protein domain and at the same time is able to scan by rapid binding and release the nascent chain for prolyl bonds to be isomerized.
Six further modular prolyl isomerases were examined in this work. Some of them were shown to be ideal factors for supporting the recombinant expression of aggregation prone proteins. By covalent fusion to the labile protein they were able to maintain it in a soluble form for a long time. Interestingly, prolyl isomerase activity did not play a role for this application. In this work I could show that SlyD, FkpA and SurA from E. coli, FKBP18 from Thermococcus sp. KS-1 and trigger factor from Thermotoga maritima show much higher prolyl isomerase activity towards folding proteins than an isolated FKBP domain would do. Only FKBP22 from Neurospora crassa showed weak activity that was not increased by its additional domain. For the two isomerases from thermophiles, TcFKBP18 and TmTF, the high activity only became apparent at elevated temperature. It is remarkable that even organisms living at 80°C and higher make use of prolyl isomerases, although the spontaneous isomerization rate should be high enough at these temperatures to enable efficient protein folding.
All of the highly active prolyl isomerases owe their improved activity to the contribution of at least one additional domain. These domains provide a supplemental, rather unspecific substrate binding site for unfolded proteins. As a consequence, all these highly active modular prolyl isomerases exhibit chaperone function. By binding to unfolded proteins, the chaperone domains increase the concentration of potential substrates close to the active site of the prolyl isomerase and thus transform it into a highly efficient folding helper enzyme.