Titelangaben
Schierling, Martina:
Modifikation rekombinanter Spinnenseidenproteine für die Verwendung als Wirkstofftransportsysteme.
Bayreuth
,
2016
. - VI, 135 S.
(
Dissertation,
2016
, Universität Bayreuth, Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT)
Abstract
Spinnenseide zeigt neben ihren bemerkenswerten mechanischen Eigenschaften eine sehr gute Biokompatibilität und Bioabbaubarkeit. Bereits in der Antike wurden deswegen Spinnennetze zum Abdecken von Wunden oder der Einzelfaden als Nahtmaterial verwendet und bis heute ist keine allergene Wirkung der natürlichen Spinnenseide bekannt. Für eine biomedizinische Nutzung im großen Maßstab ist das Material jedoch nicht geeignet, da Spinnen aufgrund ihres territorialen und kannibalistischen Verhaltens nicht im großen Stil gezüchtet werden können und ihre Seide Qualitätsschwankungen unterliegt. Die Seide besteht hauptsächlich aus Proteinen, die auch rekombinant hergestellt werden können. Die biotechnologisch hergestellten rekombinanten Seidenproteine lassen sich nicht nur in die natürliche Morphologie, den Faden, sondern auch in andere Morphologien überführen und bieten so ein breites Anwendungsspektrum, sowohl im technischen als auch im medizinischen Bereich.
Das rekombinante Spinnenseidenprotein eADF4(C16) und seine modifizierten Varianten basieren auf der repetitiven Kernsequenz des Araneus diadematus Fibroin 4 (ADF4), welches ein Hauptbestandteil des Abseilfadens der europäischen Gartenkreuzspinne (A. diadematus) ist. In der vorliegenden Dissertation wurde mit Partikeln aus dem engineered ADF4 (eADF4(C16)) und seinen Varianten gearbeitet, wobei C eine Modulsequenz repräsentiert, die 16 mal wiederholt wird.
Vorangehende Arbeiten beschrieben bereits die Eignung von eADF4(C16)-Partikeln als Wirkstofftransportsystem, da die Partikel mit löslichen sowie unlöslichen nieder-molekularen Substanzen und kleinen Proteinen beladen werden können. Bisherige Forschungsarbeiten zur Aufnahme von Seidenpartikeln durch Zellen zeigten jedoch eine mäßige bis schlechte Aufnahmerate. Aus diesem Grund wurden in der hier vorliegenden Arbeit drei Strategien entwickelt, um die Interaktion der Partikel mit Zellen und somit deren Aufnahme zu erhöhen. Die erste Strategie beruht auf der Optimierung des Herstellungsprozesses, um Partikel kleiner und mit einer homogeneren Größenverteilung zu erhalten. Dies konnte unter Verwendung der ionischen Flüssigkeit 1-Ethyl-3-methyl-imidazolium Acetat erreicht werden. Die zweite Strategie beruht auf genetischer Kopplung von eADF4(C16) mit Zell-penetrierenden Peptiden (Tat-, R8G-, RGD-Peptid), da die physikochemischen Eigenschaften sowie die Präsentation von Interaktionsmotiven auch eine wichtige Rolle spielen. Der dritten Strategie liegt eine Analyse der zellulären Partikelaufnahme in Abhängigkeit der Ladung zugrunde. Dazu wurde das ebenfalls rekombinante, positiv geladene Spinnenseidenprotein eADF4(κ16), verwendet. Aus allen Proteinen konnten sphärische Partikel hergestellt werden. Die Aufnahme von eADF4(C16) durch HeLa-Zellen erwies sich als gering, jedoch konnte durch das Einbringen von Zell-penetrierenden Peptiden sowie der Ladungsänderung (eADF4(κ16)) eine Erhöhung der Aufnahmerate erreicht werden. Dies spiegelt sich sowohl in der Anzahl an Zellen mit aufgenommenen Partikeln sowie der Anzahl der Partikel innerhalb einzelner Zellen wieder. Die höchste Aufnahme durch Zellen wurden mit den Proteinen eADF4(C16)R8G und eADF4(κ16) erzielt. Durch den Einsatz spezifischer Endozytose-Inhibitoren konnte die Clathrin-vermittelte Endozytose als wichtigster Mechanismus bei der Aufnahme der Spinnenseidenproteinpartikel identifiziert werden. Jedoch ist auch die Makropinozytose bei dem Aufnahmeprozess involviert.
Es wurden verschiedene Strategien zur Erhöhung der Partikel-Aufnahme durch Zellen analysiert. Durch die Modifikationen mit Zell-penetrierenden Peptiden und durch die Änderung der Ladung konnte die Aufnahme verbessert und der zugrunde liegende Mechanismus der Partikel-Aufnahme durch HeLa-Zellen geklärt werden. Diese Ergebnisse sind wichtige und vielversprechende Erkenntnisse für die Verwendung von Spinnenseidenpartikeln als Wirkstofftransportsystem. Da die Spinnenseidenproteinpartikel als Wirkstofftransportsysteme verwendet werden sollen, sollte auch der Einfluss der Beladung auf den Aufnahmemechanismus sowie die Aufnahme untersucht werden.
Aufgrund ihrer positiven Ladung eignen sich eADF4(κ16)-Partikel als Gentransporter, sodass hier eine einzelsträngige, fluoreszenzmarkierte Modell-DNA-Sequenz (Fl ODN) als Cargo gewählt wurde. Nach der Beladung war jedoch die Aufnahme in HeLa-Zellen drastisch reduziert. Durch eine zusätzliche Beschichtung mit einer eADF4(κ16)-Lösung konnte die Aufnahme wieder erhöht werden, sodass wieder das Niveau unbeladener eADF4(κ16)-Partikel erreicht wurde.
Nieder-molekulare Wirkstoffe werden aus eADF4(C16)-Partikeln sehr schnell ausgewaschen, und leicht neutrale Wirkstoffe weisen keine hohe Beladungseffizienz auf. Aus diesen Gründen wurde ein Komplex aus dem zytostatischen Wirkstoff Doxorubicin, welcher bereits Verwendung in der Chemotherapie findet, und einer Plasmid-DNA hergestellt, mit welchem eADF4(κ16)-Partikel beladen wurden. Anschließend wurde die Wirkung der mit DNA und Doxorubicin beladenen Partikel auf HeLa-Zellen untersucht. Dabei zeigte sich, dass Doxorubicin innerhalb der Zelle freigesetzt wird. Zusätzlich wurde der Effekt auch mit der Neuroblastoma-Zelllinie Kelly und Maus-Fibroblasten BALB/3T3 untersucht. Hier konnte eine verringerte Zellviabilität detektiert werden, jedoch war der Effekt im Vergleich der DNA/Dox beladenen Partikeln zu freiem Doxorubicin in der gleichen Größenordnung.
Da die Beladung mit negativ geladener Nukleinsäure einen Einfluss auf die Aufnahme der eADF4(κ16)-Partikel aufweist, wurden eADF4(C16), eADF4(C16)RGD und eADF4(C16)R8G mit positiv geladenen Polyethylenimin als Modelwirkstoff beladen. Hier zeigte sich, dass die Aufnahme von eADF4(C16) und eADF4(C16)RGD-Partikeln durch die Beladung gesteigert werden konnte, nur die beladenen eADF4(C16)R8G-Partikel wurden im Vergleich zu unbeladenen eADF4(C16)R8G-Partikeln von HeLa-Zellen signifikant schlechter aufgenommen. Die Beladung der Partikel hat des Weiteren zur Folge, dass der Anteil der Makropinozytose bei der Aufnahme erhöht wird. Der Hauptaufnahme-Mechanismus bleibt jedoch die Clathrin-vermittelte Endozytose.
Abstract in weiterer Sprache
Spider silk is best known for its extraordinary mechanical properties, however, less well-known is that it is biocompatible and biodegradable. In fact, spider webs have been used as wounds coverings and fibers since the ancient times, meanwhile it was observed that this material does not cause an inflammation. Unfortunately, because of the territorial and cannibalistic behavior of spiders and the variations in silk quality, the natural material cannot be used for biomedical applications on a large scale. To solve this problem, spider silk proteins have been produced into recombinant forms using biotechnological techniques. These recombinant silk proteins can also be processed into a greater variety of morphologies than the natural spider silk, which in turn results in a broader range of technical and medical applications for this material.
The recombinant spider silk protein eADF4(C16) and variants thereof used in this work are based on the repetitive core sequence of the Araneus diadematus fibroin 4 (ADF4). This fibroin is one of the main components of the dragline silk of the European garden spider A. diadematus. In this work, particles produced of engineered ADF4 (eADF4(C16)) and variants thereof were used, where C represents a sequence module that is repeated 16 times.
Published work has demonstrated the application of spider silk particles as drug carriers due to their loading capacity of soluble and insoluble low molecular weight drugs or even small proteins. However, the cellular uptake of silk particles in general was low. In this work, different strategies were studied for enhancing cellular uptake of spider silk particles by adding cell penetrating peptides or changing charge of eADF4(C16) particles. Thereby, the uptake could be increased, and the underlying internalization mechanism was identified.
Therefore, three strategies were followed to enhance the interaction of spider silk particles with cells and to enhance their cellular uptake. The first strategy was to optimize the production of particles with smaller diameters and size distribution than previously produced, which was achieved by utilization of the ionic liquid 1-ethyl-3-methyl-imidazolium acetate. Second, cell penetrating peptides (Tat-, R8G-, RGD-peptide) were hybridized with eADF4(C16), since the physicochemical properties as well as cell-interacting motifs also play an important role in particle uptake. As a third strategy, the analysis of charge dependent cellular uptake was analyzed. Therefore the recombinant positively charged spider silk protein eADF4(κ16) was used. From all different proteins spherical particles could be fabricated. The uptake of eADF4(C16) by HeLa cells was low, but could be increased in the presence of cell penetrating sequences or by changing the net-charge. The best internalization rate was obtained by using eADF4(κ16) as well as eADF4(C16)R8G particles. The underlying uptake mechanism could be identified as clathrin-mediated endocytosis by using endocytotic inhibitors. However, macropinocytosis also plays a role, depending on the particle type.
The impact of drug loading onto spider silk particles was also analyzed to evaluate its influence on cellular uptake and the uptake mechanism. Due to the positive charge of eADF4(κ16) particles they can be used as gene carriers, and single stranded fluorescence labeled DNA (Fl ODN) was used as a model cargo. After DNA loading, the cellular uptake of particles decreased dramatically, however this could be minimized by coating the DNA-loaded particles with an additional layer of eADF4(κ16).
Low molecular weight drugs rapidly diffuse out of eADF4(C16) particles and the loading of low-charged drugs is ineffective. Therefore, a complex of doxorubicin and plasmid DNA was used to load eADF4(κ16) particles. It could be shown that doxorubicin is released within HeLa cells after particle uptake. Furthermore, this system was also tested for the neuroblastoma cell line Kelly and mouse fibroblasts BALB/3T3. Here, only at higher concentrations a decreased cell viability in the same range of free doxorubicin could be detected.
Since, loading of eADF4(κ16) particles with negatively charged nucleic acids has an impact on particle cellular uptake, eADF4(C16), eADF4(C16)RGD and eADF4(C16)R8G particles were loaded with the positively charged polyethylenimin. Here, the uptake could be increased in the case of eADF4(C16) and eADF4(C16)RGD particles, but the uptake of eADF4(C16)R8G particles was dramatically decreased. Concerning the uptake mechanism, drug loading results in a higher contribution of macropinocytosis, but the main uptake route is still clathrin-mediated endocytosis.
Weitere Angaben
Publikationsform: | Dissertation |
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Keywords: | Spinnenseide; Wirkstofftransport; zelluläre Partikelaufnahme; Spinnenseidenproteinpartikel |
Institutionen der Universität: | Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften > Lehrstuhl Biomaterialien > Lehrstuhl Biomaterialien - Univ.-Prof. Dr. Thomas Scheibel Graduierteneinrichtungen > Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT > Molekulare Biowissenschaften Fakultäten Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften > Lehrstuhl Biomaterialien Graduierteneinrichtungen Graduierteneinrichtungen > Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT |
Titel an der UBT entstanden: | Ja |
Themengebiete aus DDC: | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften; Biologie |
Eingestellt am: | 30 Jul 2016 21:00 |
Letzte Änderung: | 30 Jul 2016 21:00 |
URI: | https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/34008 |