Titelangaben
Gruber, Valerie V. V. ; da Silva, Jamile Borges:
Strömungen des Schwarzen Atlantiks. Über akademische und politische Aushandlungen in der brasilianischen Afro-Diaspora.
Hrsg.: Ahmad, Usman ; Rohmer, Monika Christine
Bayreuth
:
Institute of African Studies (IAS)
,
2024
. - 28 S.
- (University of Bayreuth African Studies Working Papers
; 47
)
(BIGSASworks! 17)
DOI: https://doi.org/10.15495/EPub_UBT_00007501
Angaben zu Projekten
Projektfinanzierung: |
Deutsche Forschungsgemeinschaft |
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Abstract
Brasilien hat sich im Lauf des vergangenen Jahrhunderts zu einem Laboratorium für die Aushandlung von Kategorisierungen wie Afrikaner*in in der Diaspora, afrodeszendente Bevölkerung oder Afro-Brasilianer*in entwickelt. Der Begriff Afro wird zunehmend von brasilianischen und ausländischen Forscher*innen untersucht, deren Arbeiten im deutschen Sprachraum kaum diskutiert werden. Unser Aufsatz bietet eine kritische Reflexion über das Feld der Afrika- und Diasporastudien in Brasilien sowie deren historische, geopolitische, intellektuelle und sozialräumliche Einbettung. Dabei erörtern wir verschiedene Herausforderungen: zum einen, sich in einem Land mit unzähligen Hautfarbenbeschreibungen als afrodeszendent zu denken; zum anderen, dynamische Identitäten in einer Gesellschaft zu erschaffen, in der starre Rassismen und soziale Ungleichheiten grassieren; und schließlich, kontroverse Debatten zwischen der Universität, der Zivilgesellschaft, politischen Akteuren und antirassistischen Bewegungen in dem Land zu führen, in dem die größte Anzahl an Schwarzen Menschen außerhalb Afrikas lebt. Anhand von Erfahrungen aus dem Zentrum für Afro-Orientalische Studien (CEAO) der staatlichen Universität von Bahia (UFBA) und dem Postgraduiertenprogramm POSAFRO diskutieren wir, wie transdisziplinäres Wissen an der brasilianischen Küste des Schwarzen Atlantiks produziert und ausgehandelt wird. Dies erfordert neben der Betrachtung von Affirmative Actions und Süd-Süd-Kooperationen ein kritisches Nachdenken über die Rolle der Wissenschaft bei der Förderung von dekolonialen und antirassistischen Transformationsprozessen. Insgesamt zielt der Beitrag darauf ab, die Reflexivität im Feld der Afrikastudien zu vertiefen, um Licht auf (geo)politische Strömungen und Kontexte zu werfen, welche die wissenschaftliche Arbeit unweigerlich beeinflussen, aber oft im Hintergrund verborgen bleiben.
Abstract in weiterer Sprache
Over the past century, Brazil has become a laboratory to negotiate what it means to be African in the diaspora, Afro-descendant or Afro-Brazilian. The term Afro has been scrutinised by an increasing number of Brazilian and foreign researchers whose works are hardly discussed in the German context. Our essay provides a critical reflection on the field of African and Black Diaspora studies in Brazil as well as their historical, geopolitical, intellectual and socio-spatial embeddedness. Thereby, we point to several challenges: identifying as Afro-descendant in a country with countless descriptions of skin colour; negotiating dynamic identities in a society with pronounced levels of social and racial inequality; and engaging in controversial debates between university, civil society, political actors and Black movements in the nation with the largest Black population outside Africa. Discussing the experience of the Center of Afro-Oriental Studies (CEAO) at the Federal University of Bahia (UFBA) as well as its postgraduate programme POSAFRO, we map out how transdisciplinary knowledge is produced and contested on the Brazilian shores of the Black Atlantic. Apart from considering affirmative actions and South-South cooperation, this implies reflecting on the role of academia in fostering decolonial and antiracist change processes. As a whole, we strive to enhance reflexivity in the broader field of African studies and shed light on (geo)political currents and contexts that shape academic work but often remain out of sight.