Erwachsenes Sein : Konzeptionen, ökonomische und relationale Realisierungen einer spezifischen Lebensphase (in Togo und Benin)

Titelangaben

Häberlein, Tabea:
Erwachsenes Sein : Konzeptionen, ökonomische und relationale Realisierungen einer spezifischen Lebensphase (in Togo und Benin).
Bayreuth , 2023 . - 299 S.
( Habilitation, 2024 , Universität Bayreuth, Kulturwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Sozialanthropologie)

Angaben zu Projekten

Abstract

Das Erwachsenenalter wurde lange Zeit als normaler Zustand des Menschseins betrachtet, aber nur selten explizit thematisiert. Während Kindheit, Jugend und Alter zunehmend erforscht werden, bleibt das Erwachsenenalter in der Kultur- und Sozialanthropologie oft implizit. In aktuellen ethnographischen Studien zu (West-)Afrika wird der schwierige Übergang ins Erwachsenenalter thematisiert. Junge Menschen verschieben wichtige biographische Entscheidungen wie Heirat und Elternschaft aufgrund fehlender Einkommensmöglichkeiten. Mit einer neuen Perspektive auf das Handeln von Erwachsenen zeigt die Autorin, wie der Umgang mit Diskontinuitäten zentrales Erfordernis in dieser Altersphase ist. Ökonomische Autonomie und Fürsorgepflichten sind zentrale Kriterien des Erwachsenseins. In den von Bevölkerungswachstum und Arbeitslosigkeit geprägten Ländern Togo und Benin wurden in einer mikroökonomischen Studie die ökonomischen Transaktionen und Fürsorgeleistungen von 80 Erwachsenen in drei Dörfern untersucht. Ergänzt durch qualitative Daten aus weiteren Forschungsaufenthalten zielt die Studie auf eine Konzeptualisierung des Erwachsenenalters in der ethnologischen Forschung. Die Untersuchung konzentriert sich auf das ökonomische Handeln Erwachsener im ländlichen Kontext und wird durch ethnographische Vignetten aus städtischen Kontexten ergänzt. Zentrale Themen sind ökonomische Interaktionen und die Gestaltung von Beziehungen durch materielle Zuwendungen. Die Studie zeigt, dass Menschen im ländlichen Kontext auf überregionale ökonomische Zwänge reagieren, Strategien zur Krisenbewältigung entwickeln und dabei gesellschaftsspezifische Verhaltensmuster ausbilden. Ferner werden anhand von dichter Teilnahme soziale Transformationsprozesse angesichts des Todes der älteren Generationen aufgezeigt. Abschließend fokussiert die Studie anhand von sechs exemplarischen Biographien, wie Entscheidungsfindungen in als erwachsen definierten Lebensbereichen den relationalen Prozess des erwachsenen Seins erst ermöglichen. Erwachsenes Sein manifestiert sich prozesshaft in einem Spannungsfeld von Autonomie und sozialer Eingebundenheit.

Abstract in weiterer Sprache

Adulthood has long been regarded as a normal state of human existence, but has rarely been explicitly addressed. While childhood, youth and old age are increasingly studied, adulthood often remains implicit in cultural and social anthropology. Current ethnographic studies of (West) Africa focus on the difficult transition to adulthood. Young people postpone important biographical decisions such as marriage and parenthood due to a lack of income opportunities. With a new perspective on adult action, the author shows how coping with discontinuities is central to this age phase. Economic autonomy and care responsibilities are central criteria of adulthood. In Togo and Benin, countries characterised by population growth and unemployment, a microeconomic study examined the economic transactions and care provision of 80 adults in three villages. Complemented by qualitative data from other research visits, the study aims to conceptualise adulthood in social anthropological research. The study focuses on the economic practices of adults in a rural context, complemented by ethnographic vignettes from urban contexts. Central themes are economic interactions and the shaping of relationships through material benefits. The study shows that people in rural contexts react to supra-regional economic constraints, develop strategies for coping with crises, and develop socially specific patterns of action. In addition, the study highlights the processes of social transformation in the face of the death of the older generation. Finally, using six exemplary biographies, the study focuses on how decision-making in spheres of life defined as adult makes the relational process of being an adult possible in the first place. Adulthood manifests itself processually in a field of tension between autonomy and relatedness.