Titelangaben
Riedl, Simon:
Bereitstellung verschiedener primärer Zellen für biotechnologische Anwendungen und rekombinante Produktion von BMP2 mittels transienter Genexpression.
Bayreuth
,
2023
. - V, 185 S.
(
Dissertation,
2022
, Universität Bayreuth, Bayreuther Graduiertenschule für Mathematik und Naturwissenschaften - BayNAT)
DOI: https://doi.org/10.15495/EPub_UBT_00006865
Angaben zu Projekten
Projekttitel: |
Offizieller Projekttitel Projekt-ID Prozess zur kontrollierten Expansion und Differenzierung von primären humanen B-Lymphozyten außerhalb des menschlichen Körpers 411774929 (FR 830/21-1) SFB 1357: MIKROPLASTIK – Gesetzmäßigkeiten der Bildung, des Transports, des physikalisch-chemischen Verhaltens sowie der biologischen Effekte: Von Modell- zu komplexen Systemen als Grundlage neuer Lösungsansätze 391977956—SFB 1357 |
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Projektfinanzierung: |
Deutsche Forschungsgemeinschaft |
Abstract
In dieser Arbeit werden Aspekte der Isolation, Aufreinigung und Charakterisierung verschiedener primärer Zellen zur Bereitstellung für den biotechnologischen Einsatz sowie eine klassische biotechnologische Anwendung, die rekombinante Proteinproduktion in Säugetierzellen, untersucht. Zum einen werden primäre intestinale Zellen des Kompostwurmes E. fetida isoliert und kultiviert sowie die Eignung als Modellzellsystem in der Ökotoxikologie demonstriert. Zum anderen werden B-Lymphozyten aus humanen Tonsillen und Blut isoliert, aufgereinigt und charakterisiert. Weiter wird die Machbarkeit der Transfektion primärer humaner T-Lymphozyten mit einem neuartigen Polymer gezeigt. Auch wird für eine biotechnologische Anwendung, die rekombinante Proteinproduktion in etablierten Zelllinien, eine Prozessintensivierung der Produktion von BMP2, als Beispiel für ein schwer zu exprimierendes Protein, durchgeführt.
Der zunehmende Eintrag (potenzieller) Umwelttoxine in existierende Ökosysteme erhöht die Notwendigkeit, nicht nur organismische, sondern auch zelluläre Effekte in den betreffenden Organismen zu analysieren. Ein Primärzellsystems für und von Modellorganismen erlaubt die ökotoxikologische Untersuchung auf einem zellulären Level. In dieser Arbeit wird deshalb ein Modellzellsystem für den Kompostwurm E.fetida, ein essenzieller Organismus in terrestrischen Ökosystemen, entwickelt. Dazu wird eine Methodik für die Isolation und Kultivierung von Zellen aus dem Darmgewebe entwickelt, mit welcher eine Viabilität von über 80% über eine Kultivierungsdauer von 144 Stunden erreicht wird. Die Eignung primärer intestinaler E. fetida Zellen für in vitro ökotoxikologische Untersuchungen wird mittels bekannter Umwelttoxine, Silbernanopartikel und Metallionen (Cu2+, Cd2+), demonstriert. Diese induzieren eine deutliche Reduktion der metabolischen Aktivität um bis zu 45%. Die Methodik kann für weitere Umwelttoxine und Substanzen, als aktuelles Beispiel Mikroplastik, angewendet werden. Diese Arbeit stellt somit ein geeignetes zelluläres System und die Methodik für eine tiefgehende, umfassende Analyse zellulärer Reaktionen auf Umwelttoxine für E. fetida bereit.
B-Zellen stellen einen essenziellen Bestandteil des humanen Immunsystems dar. Ihre Bereitstellung besitzt somit eine klare Relevanz für biotechnologische und medizinische Anwendungen. In dieser Arbeit wird eine Methode für die Isolation primärer humaner B-Zellen aus Tonsillen von Kindern und Erwachsenen entwickelt, als Alternative zu einer Aufreinigung aus Blut mittels Antikörper gekoppelten, magnetischen Beads, dem Goldstandard der B-Zell Isolation. Das entwickelte Zwei-Schritt Protokoll setzt sich aus einer Isolation mononuklearer Zellen mittels mechanischer Freisetzung aus dem Gewebe und einer Dichtegradientenzentrifugation sowie einer spezifischen Aufreinigung von B-Zellen mittels Nylon Wolle zusammen. Die Isolation von B-Zellen aus Tonsillen mittels Nylon Wolle ist eine kostengünstige Methode, erreicht eine Reinheit ≥ 80% und erlaubt eine um Faktor 9 höhere Zellausbeute pro Isolation im Vergleich zu Blut, ein entscheidendes Kriterium für weiterführende Anwendungen. Auch zeichnet sich die Methodik durch eine Aufrechterhaltung der spezifischen B-Zell Subtypen Komposition des Ausgangsgewebes aus. Tonsillen von Kindern und Blut können durch einen hohen Anteil naiver B-Zellen charakterisiert werden, während Tonsillen von Erwachsenen eine hohe Anzahl Antigen-spezifischer B-Zellen (CD27+ Zellen) zeigen. So erlaubt eine Auswahl zwischen Tonsillen und Blut die Bereitstellung verschiedener, spezifischer B-Zell Subtypen für eine gezielte Ausrichtung nachfolgender in vitro Anwendungen.
Der Transfer genetischen Materials in Säugetierzellen (Transfektion) ist die Grundlage der Herstellung genetisch modifizierter Zellen. T-Zellen besitzen, genetisch modifiziert, ein großes Potential für medizinische Anwendungen, sind jedoch schwer zu transfizierende Zellen. Nach der Isolation wird erfolgreich die Machbarkeit (proof-of-concept) einer genetischen Modifikation primärer humaner T-Zellen mittels eines sternförmigen, 24-armigen Polymer (Nanostern) nachgewiesen. Zwei untersuchte Transfektionsdurchführungen (Polyplex- und HZD-Transfektion) erreichen Transfektionseffizienzen von bis zu 20%. Dies ist bis zu vierfach höher im Vergleich zu Literaturwerten mit l-PEI, dem Goldstandard der kationischen Polymere, und zeigt das Potential des Nanosterns.
Eine klassische biotechnologische Anwendung, insbesondere von Säugetierzellen, ist die Produktion rekombinanter Proteine als Biopharmazeutika, die ebenfalls eine Transfektion des zellulären Expressionssystems voraussetzt. BMP2 ist ein Protein, welches routinemäßig in medizinischen Anwendungen als Induktor der Ossifikation verwendet wird. Die rekombinante Produktion von BMP2 in stabil transfizierten Zelllinien ist der aktuelle Stand der Technik, resultiert jedoch in geringen Produkttitern, denn BMP2 wird als schwierig zu exprimierendes Protein angesehen. In dieser Arbeit wird eine Prozessintensivierung der rekombinanten BMP2 Produktion basierend auf einer transienten Genexpression durchgeführt. Die BMP2 Produktion ist in HEKsus Zellen deutlich effizienter als in CHOsus Zellen (100-fach erhöhter Produkttiter) und erreicht Werte von bis zu 1660 ng/mL. Um das intrinsische Problem einer zeitlich limitierten Transgen-Expression zu überwinden, wird eine wiederholte transiente Transfektion (RTT), in der ein initial transfizierter Zellbatch bis zu drei konsekutiven HZD-Transfektionen unterzogen wird, entwickelt. Die Etablierung mit EGFP als Reporterprotein demonstriert ≥60% transfizierte Zellen mit einem hohen Anteil high producer über den gesamten Produktionszeitraum. Der entwickelte RTT Prozess erreicht eine klare Steigerung der BMP2 Produktion und eine Gesamtausbeute von 46,6 μg BMP2 mit einer V erlängerung der Produktionsphase auf 384 Stunden. RTT ist kompatibel mit einem Upscaling in den Liter- Maßstab und kann in den Seed Train integriert werden, was auch die Eignung für die transiente BMP2 Produktion im größeren Maßstab demonstriert.
Somit können in dieser Arbeit verschiedene Methodiken für die Isolation, Kultivierung und Charakterisierung primärer Zellen aus unterschiedlichen Organismen etabliert und angewendet werden. Für die transiente Produktion von BMP2 wird ein Methode der wiederholten transienten Transfektion entwickelt, was eine Steigerung der Produktausbeute erlaubt.
Abstract in weiterer Sprache
In this work, the isolation, purification, and characterization of different primary cells for biotechnological use are analyzed. Furthermore, a biotechnological application, the production of recombinant proteins, is investigated. First, primary intestinal cells of the earthworm E. fetida are isolated and cultivated and their suitability as a model cell system in ecotoxicology is demonstrated. Second, B lymphocytes from human tonsils and blood are isolated, purified, and characterized. Furthermore, a proof-of-concept for the transfection of human primary T lymphocytes with a novel polymer is shown. Process intensification for recombinant BMP2 production, an example for a difficult-to-express protein, in mammalian cell lines is performed.
The increasing exposition of environmental pollutants into existing ecosystems increases the necessity to analyze not only organismic effects, but also cellular effects of the respective organisms. A system of primary cells for and from model organisms allows for ecotoxicological studies on a cellular level. In this work, a primary cell system of intestinal cells from E. fetida, an essential organism in terrestrial ecosystems, is established. Therefore, a methodology for the isolation and cultivation of cells directly from the intestine is established, maintaining > 80% viability in cultivations for 144 hours. The suitability of primary intestinal E. fetida cells for in vitro ecotoxicological studies is demonstrated by analyzing the exposure to established environmental pollutants, silver nanoparticles and metal ions (Cu2+, Cd2+). Exposure induces a significant decrease in the metabolic activity by up to 45%. The established methodology allows to analyze additional toxins/substances, such as microplastic as a current example. Therefore, this work provides a suitable cellular system and methodology for an in-depth and comprehensive analysis of effects of environmental pollutants on a cellular level for E. fetida.
B cells are essential components of the human immune system with great potential in biotechnology and medicine. In this work, a methodology for the isolation of human B cells from juvenile and adult tonsils is established, as an alternative to the gold standard of B cell isolation from blood based on magnetic beads coated with specific antibodies. The proposed two-step protocol is composed of an isolation of mononuclear cells using mechanical tissue disaggregation and density gradient centrifugation followed by a purification of B cells using nylon wool. The nylon wool-based isolation from tonsils is a low-cost method reaching purities ≥ 80% and providing 9-fold increased B cell numbers per isolation compared to blood, a crucial factor for subsequent applications. Furthermore, the method allows to preserve the specific B cell subtype composition of the tissue. Juvenile tonsils and blood are characterized by a high incidence of naïve B cells, whereas for adult tonsils a high number of antigen-specific B cells (CD27+ cells) is determined. In consequence, the use of tonsils or blood allows the isolation of different, specific B cell subtypes allowing targeted in vitro applications.
The transfer of genetic material into mammalian cells (transfection) is the basis of the production of genetically modified cells. T cells show a great potential for medical applications when genetically modified but are considered hard-to-transfect cells. After isolation, a proof- of-concept of a genetic modification of primary human T cells using a star-shaped, 24-armed polymer (nanostar) is demonstrated. Two different transection protocols (polyplex- and HCD- transfection) reach transfection efficiencies up to 20%. This is higher compared to literature values for l-PEI, the gold standard of cationic polymers, showing the potential of the nanostar.
A classical biotechnological application, particularly of mammalian cells, is the production of recombinant proteins for use as biopharmaceutics, which also requires transfection of the cellular expression system. BMP2 is routinely used in medical applications as an inducer of osteoformation. The recombinant production in stably transfected cell lines is state of the art, albeit resulting in low product titers, as BMP2 is considered a difficult-to-express protein. Therefore, process intensification based on transient gene expression is performed. BMP2 production is more efficient in HEKsus cells compared to CHOsus cells (100-fold increased product titer) reaching titers up to 1660 ng/mL. To overcome the intrinsic drawback of a short- lived transgen expression, a repeated transient transfection (RTT) is established. In this process, up to three consecutive rounds of HCD-transfections are performed on a batch of initial transfected cells. The implementation using EGFP as a reporter protein shows ≥ 60% transfected cells with a high number of high producers over the production time. The RTT process improves BMP2 production reaching a process yield of 46.6 μg BMP2 with an extension of the production phase to 384 hours. RTT is compatible with scale up to the Liter range and can be integrated into the seed train, showing suitability for large scale production.
In this work, methods for the isolation, cultivation, and characterization of different primary cells are established and applied. For the production of BMP2, a repeated transient transfection process is developed, which improves BMP2 production and process yield.