Titelangaben
Rückert, Christian:
Marktmanipulation durch Unterlassen und Bestimmtheitsprinzip.
In: Neue Zeitschrift für Strafrecht.
Bd. 40
(2020)
Heft 7
.
- S. 391-397.
ISSN 0720-1753
Abstract
Im September 2019 hat die StA Braunschweig Anklage gegen drei Mitglieder der Chefetage der VW AG wegen Marktmanipulation durch Unterlassen erhoben (gegen zwei der Angekl. wurde das Verfahren unlängst gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt). Im Kern des Falles steht der Vorwurf, dass die drei Angekl. trotz Kenntnis des Einbaus einer unzulässigen Abgaswertemanipulationssoftware die Anleger am Kapitalmarkt nicht rechtzeitig durch eine sog. ad hoc-Mitteilung auf die möglichen Folgen für den Kurs der VW-Wertpapiere durch drohende Schadensersatzzahlungen und Bußgelder hingewiesen hätten. Das vorsätzliche Unterlassen einer erforderlichen ad hoc-Mitteilung stand im zur Tatzeit (2015) geltenden Recht gem. §§ 38, 39, 20 a, 15, 13 WpHG aF (bei Vorliegen aller tatbestandlichen Voraussetzungen) unstreitig unter Strafe. Seit der Geltung der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) und der Reformen des WpHG ist das Verschweigen einer solchen Insiderinformation zwar ausdrücklich gem. § 120 Abs. 15 Nr. 6 WpHG iVm Art. 17 Abs. 1, Abs. 2 MAR als Ordnungswidrigkeitentatbestand geregelt. An einer expliziten Strafvorschrift wie im alten Recht fehlt es indes. In der Literatur ist deshalb Streit darüber entbrannt, ob das Unterlassen einer ad hoc-Mitteilung nunmehr als Marktmanipulation durch Unterlassen gem. §§ 119 Abs. 1 Nr. 1, 120 Abs. 15 Nr. 2 WpHG iVm Art. 15, 12 Abs. 1 lit. a bis c MAR (iVm § 13 StGB) strafbar ist. Ob diese Streitfrage für den Fall „VW“ relevant ist, hängt davon ab, ob neues oder altes Recht zur Anwendung kommt und damit davon, ob die Abbedingung des sog. lex-mitior-Prinzips in § 137 WpHG europarechts- sowie verfassungskonform und damit wirksam ist. Keine dieser Fragen ist bislang höchstrichterlich geklärt.
In der bisherigen Diskussion ist dabei ein wichtiger Aspekt zu wenig thematisiert worden: Lässt der Wortlaut der Bußgeld- und Straftatbestände des WpHG überhaupt eine Auslegung zu, nach welcher die Nichtabgabe einer ad hoc-Mitteilung eine strafbare Marktmanipulation durch Unterlassen darstellt? Da das neue Marktmanipulationsrecht durch die MAR und die Marktmissbrauchsrichtlinie (CRIM-MAD1) geprägt ist, muss hierfür geklärt werden, ob der deutsche Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG überhaupt relevant ist. Diesen Problemkreisen widmet sich der folgende Beitrag.
Weitere Angaben
Publikationsform: | Artikel in einer Zeitschrift |
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Begutachteter Beitrag: | Ja |
Institutionen der Universität: | Fakultäten > Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät > Fachgruppe Rechtswissenschaften > Lehrstuhl Strafrecht II (Strafrecht, Strafprozessrecht und IT-Strafrecht) Fakultäten > Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät > Fachgruppe Rechtswissenschaften > Lehrstuhl Strafrecht II (Strafrecht, Strafprozessrecht und IT-Strafrecht) > Lehrstuhl Strafrecht II (Strafrecht, Strafprozessrecht und IT-Strafrecht) - Univ.-Prof. Dr. Christian Rückert |
Titel an der UBT entstanden: | Nein |
Themengebiete aus DDC: | 300 Sozialwissenschaften > 340 Recht |
Eingestellt am: | 12 Dec 2023 12:23 |
Letzte Änderung: | 12 Dec 2023 12:23 |
URI: | https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/88027 |