Titelangaben
Exner, Jörg:
Aerosolbasierte Kaltabscheidung von Funktionskeramiken für neuartige Anwendungen im Bereich der Sensorik und Energiewandlung.
Aachen
:
Shaker-Verlag
,
2019
. - 188 S.
- (Bayreuther Beiträge zu Materialien und Prozessen
; 8
)
ISBN 978-3-8440-6399-8
(
Dissertation,
2018
, Universität Bayreuth, Fakultät für Ingenieurwissenschaften)
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Abstract
Der Bedarf an keramischen Beschichtungen, welche z.B. als passive Schutzschichten oder als aktive Bestandteile in Sensoren oder Brennstoffzellen agieren, hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Gleichzeitig sind auch die an die Schichten gestellten Anforderungen im Hinblick auf gute elektrische Eigenschaften und lange Lebensdauern bei gleichzeitig niedrigen Herstellungskosten gestiegen. In dieser Arbeit wird mit der aerosolbasierten Kaltabscheidung ein noch junges Sprühbeschichtungsverfahren für Keramiken untersucht, welches eine Reihe von zum Teil einzigartigen Vorteilen vereint. So können hiermit erstmals dichte Keramikschichten bei Raumtemperatur hergestellt werden, ohne eine Beheizung des Beschichtungswerkstoffes oder des Substrates. Somit entfällt hierbei der sonst notwendige Wärmebehandlungsschritt, welcher entweder direkt während des Beschichtungsprozesses oder im Anschluss stattfinden muss. Außerdem können Schichten direkt unter Verwendung des Keramikpulvers auf fast beliebige Substratmaterialien aufgebracht werden. Weiterhin ist der apparative Aufbau bei der aerosolbasierten Kaltabscheidung durch den Verzicht auf Hochvakuumkomponenten vergleichsweise einfach und günstig. In dieser Arbeit soll die aerosolbasierte Kaltabscheidung für die Schichtabscheidung von elektrisch leitfähigen Funktionskeramiken genutzt werden, welche anschließend umfangreich elektrochemisch und kristallographisch charakterisiert werden. Das Ziel besteht darin, den Einfluss des Abscheidungsmechanismus auf die resultierenden elektrischen Eigenschaften (insbesondere auf die elektrische Leitfähigkeit) der Funktionsschichten zu beschreiben. Mit diesen Kenntnissen soll die Schichtnachbehandlung hinsichtlich hoher elektrischer Leitfähigkeiten optimiert werden. Darauf aufbauend werden erste Anwendungen im Bereich der Gassensorik mit Hilfe von gesprühten Funktionsschichten realisiert. Die Arbeit gliedert sich dabei in vier Teile, welche die komplette Prozesskette von der Vorbehandlung des keramischen Pulvers über die Abscheidung zu keramischen Schichten bis hin zur elektrischen Charakterisierung und Nutzung als Gassensor umfassen. Im ersten Teil wird die Pulvervorbehandlung für die aerosolbasierte Kaltabscheidung anhand eines CeO₂-Nanopulvers untersucht. Dieses ist ohne eine Vorbehandlung nicht für die Abscheidung geeignet und wurde deshalb zunächst bei verschiedenen Temperaturen wärmebehandelt, um ein Korn- bzw. ein Partikelwachstum hervorzurufen. Bei der anschließenden Abscheidung zeigt sich, dass die unterhalb von 1100 °C vorbereiteten CeO₂-Pulver nur lose Schichten mit geringer Festigkeit ausbilden, während Pulver nach einer Vorbehandlung ab 1100 °C sehr gut haftende und dichte Schichten erzeugen. Dies konnte durch Röntgendiffraktometrie-Messungen auf die Kristallitgröße im Pulver zurückgeführt werden. Erst oberhalb einer Mindestgröße von rund 200 nm tritt bei der Abscheidung das für die aerosolbasierte Kaltabscheidung notwendige Aufbrechen der Kristallite um den Faktor 15 bis 25 auf. Damit konnte gezeigt werden, dass neben der in der Literatur angegebenen Partikelgröße die Kristallitgröße ebenfalls einen großen Anteil am Erfolg des Beschichtungsprozesses besitzt. Die gewonnenen Erkenntnisse konnten ebenfalls auf Gadolinium-dotiertes CeO2 übertragen werden. Danach wurden sechs unterschiedliche Funktionskeramiken (Kupfer- und Titan-dotiertes Bismutvanadat, Yttrium-dotiertes Zirkonoxid, Yttrium-dotiertes Bariumzirkonat, Yttrium-dotiertes Bariumcerat, Gadolinium-dotiertes Ceroxid und Strontium-Titanat-Ferrat) mit verschiedenen dominierenden Leitfähigkeitsmechanismen (Sauerstoff-lonenleitung, Protonenleitung bzw. elektronische Ladungsträgerleitung) mittels der aerosolbasierten Kaltabscheidung zu dichten und gut haftenden Schichten verarbeitet. Von allen Keramikschichten wurde die temperaturabhängige Leitfähigkeit über die lmpedanzspektroskopie sowohl während des ersten Aufheizens als auch des anschließenden Abkühlens bestimmt. Unbehandelte Schichten zeigen nach der Abscheidung zunächst eine um zwei bis drei Größenordnungen verringerte elektrische Leitfähigkeit im Vergleich zu gesinterten Probekörpern aus der Literatur. Während des ersten Aufheizens nimmt dieser Leitfähigkeitsunterschied mit steigender Messtemperatur bei allen untersuchten Keramiken kontinuierlich ab, sodass bei der höchsten gemessenen Temperatur in der Regel die Leitfähigkeit annähernd das Niveau der Sinterkörper erreicht hat (bis auf einen Faktor von zwei bis drei). Während des sich anschließenden Abkühlens stimmen der Verlauf und insbesondere die Aktivierungsenergie der gesprühten Schichten und der Sinterkörper gut überein. Werden bereits wärmebehandelte Schichten erneut gemessen (zweiter Messzyklus), so stimmen die Leitfähigkeiten beim Aufwärmen und Abkühlen überein. Dies deutet darauf hin, dass nur während der ersten Temperaturbehandlung der Schicht eine irreversible Veränderung erfolgt, durch welche die Leitfähigkeit signifikant gesteigert werden kann. Mit Hilfe der Röntgendiffraktometrie konnte nachgewiesen werden, dass die hohen Schichtdehnungen der unbehandelten Schichten beim ersten Erwärmen abgebaut werden, was mit dem Temperaturbereich der Leitfähigkeitszunahme übereinstimmt. Dieser als Tempern beschriebene Effekt tritt weit unterhalb der Sintertemperatur bereits ohne Kornwachstum auf und baut in die Schicht eingebrachte Defekte wie z.B. Versetzungen oder verzerrte Kristallgitterbereiche ab. Als Erweiterung der konventionellen aerosolbasierten Kaltabscheidung, bei welcher ausschließlich eine Keramik zu einer Schicht verarbeitet wird, wurden mit der aerosolbasierten Co-Deposition nun Verbund- bzw. Kompositschichten hergestellt. Dazu wurde zunächst mit drei verschiedenen Materialsystemen mit unterschiedlichen Härteverhältnissen die gleichzeitige Abscheidung von Keramikmischungen untersucht. In allen Fällen konnten gut haftende Kompositschichten mit einer homogenen Verteilung der beiden Keramiken auf der Mikrometer-Skala erzeugt werden. Während bei harten Keramikmischungen das Mischungsverhältnis bei der Abscheidung annähernd beibehalten wird, tritt bei Anwesenheit von weichen Komponenten eine bevorzugte Abscheidung dieser auf, wodurch diese in der Kompositschicht angereichert werden. Die elektrische Leitfähigkeit von Strontium-Titanat-Ferrat-Schichten wurde durch eine gemeinsame Co-Deposition mit elektrisch isolierendem Al₂O₃ um bis zu drei Größenordnungen gesenkt, was über die Generalized Effective Medium Theory beschrieben wird. In einem weiteren Ansatz wurden Bismutoxid-basierte Kompositschichten mit zusätzlichen Titan- bzw. Vanadiumoxid-Komponenten nach der Abscheidung wärmebehandelt, wobei durch eine In-situ Kalzination einphasige Bismuttitanat- bzw. Bismutvanadat-Schichten ausgebildet werden konnten. Im abschließenden Kapitel der Arbeit wurden planare Sensoren aufgebaut, welche die Spannungs-Puls-Methode an YSZ-Elektrolytschichten zur NOx-Detektion nutzen. Die YSZ-Schicht wurde über die aerosolbasierte Kaltabscheidung erzeugt und siebgedruckten YSZ-Schichten gegenübergestellt. Bei Sensoren mit kaltabgeschiedenen Elektrolytschichten war die quantitative Bestimmung von NO und NO₂, wie auch von Mischungen der beiden Gase, zwischen 3 ppm und 24 ppm möglich. Durch eine Änderung des Spannungs-Puls-Modus konnte weiterhin die NO-Empfindlichkeit stark reduziert werden, sodass der Sensor mit hoher Selektivität nur auf NO₂ reagierte. Sensoren mit siebgedrucktem Elektrolyt weisen hingegen durch einen höheren Innenwiderstand eine niedrigere Empfindlichkeit auf NO bzw. NO₂ auf, was ebenfalls zu einem schlechteren Signal-Rausch-Verhältnis führte. Insgesamt konnte in dieser Arbeit das herausragende Potential der aerosolbasierten Kaltabscheidung zur Herstellung von Funktionskeramikschichten demonstriert werden. Besonders die hohe Dichte und das nanokristalline Gefüge, vereint mit der Abscheidung bei Raumtemperatur, sind das Alleinstellungsmerkmal dieser Beschichtungsmethode.
Abstract in weiterer Sprache
The demand for ceramic coatings continuously increased over the last years, both as a passive protection layer and as a functional component like in sensors or fuel cells. However, the requirement concerning their electrical properties and durability rose simultaneously, combined with the request of lowered production costs. In this thesis, a novel spray coating technique called Aerosol Deposition (Method), abbreviated as AD or ADM, is studied. ADM combines some unique advantages over conventional coating processes. Here, film deposition takes place at room temperature, without any heating of the coating material nor the substrate, yet resulting in fully dense ceramic layers. Therefore, the mandatory heat treatment used for conventional ceramic processing either during or after film deposition is no longer required. Furthermore, films are formed directly from a raw ceramic powder on almost any substrate material. Also, the used deposition apparatus is inexpensive, due to a lack of high vacuum technology. In this work, electrical conducting ceramic materials were deposited by aerosol deposition to form functional ceramic films. Resulting electrochemical and crystallographic film properties were studied intensively. Within the scope of the present work, the influence of the deposition mechanism on the electrical film properties of functional ceramics, especially on the electrical conductivity, was investigated. Based on this behavior, a thermal after treatment was optimized to regain high conductivity values. This thesis is subdivided into four major sections, covering the complete process chain of aerosol deposition. Investigations comprise a powder pretreatment study, the deposition of various ceramic films as well as their electrical characterization through to their first application as a NOx gas sensor. Within the first section, the aerosol deposition of nanocrystalline ceria powder is investigated. This powder is not suitable for deposition of dense films in its as-received state, so a thermal pretreatment was conducted to initiate grain and particle growth. Powders treated below 1100 °C only formed thick, yet loosely compacted films with low strength. In contrast, a pretreatment at 1100 °C and above enabled the deposition of highly dense films with exceptional adhesion. By X-ray diffraction measurements, a minimum grain size within the ceria powder of around 200 nm was identified to be necessary in order to achieve a fracturing of the grains during the impact. As a consequence, the grain size in the resulting dense film is decreased by a factor of 15 to 25 compared to the corresponding powder. This indicates that beside the particle size, which is often stated the major influence quantity within literature, the film deposition is also highly affected by the grain size of the powder. Additionally, it was demonstrated that the described powder pretreatment method is also valid for gadolinium doped ceria. In the next step, six functional ceramic materials (copper and titanium doped bismuth vanadate, yttria stabilized zirconia, yttrium doped barium zirconate, yttrium doped barium cerate, gadolinium doped ceria and strontium titanate ferrate) with different dominating electrical conduction mechanisms (protonic, oxygen ionic or semiconducting) were processed to dense thick films by aerosol deposition. The temperature dependent electrical conductivity of all films was measured using impedance spectroscopy during first heating as well as the subsequent cooling. As-deposited films exhibited a significantly reduced conductivity, typically by two to three orders of magnitudes compared to sintered samples. Upon heating, this difference in conductivity diminished with increasing measuring temperature. Therefore, the conductivity of films nearly coincided (except a factor of two to three) with those of sintered samples at the highest measured temperature. During the subsequent cooling, both types of samples showed nearly identical activation energies and conductivity curves. When a second measuring cycle was performed with already heat treated films, conductivity values upon heating and cooling matched closely. This described behavior points out that an irreversible modification of the film takes place during the first heat treatment, which leads to a significant increase in electrical conductivity. By X-ray diffraction, a high microstrain was detected within as-deposited films, which however was released by heat treating the film. The temperature range of the release of microstrain and the increase of electrical conductivity perfectly coincided. That behavior was described as an annealing effect, which takes place clearly below sintering temperatures without grain growth through a reduction of crystallographic defects like dislocations or distorted crystal lattices. With aerosol co-deposition, conventional single material aerosol deposition was extended to simultaneously deposit two or more ceramic materials, therefore forming composite films compromised of these used components. Three different binary material mixtures featuring various hardness ratios were studied to understand the deposition mechanism of aerosol co-deposition. In all cases, dense composite films were formed with a homogeneously distribution of both materials on the micron scale. For powder mixtures consisting of two hard ceramic materials, the mixing ratio within the powder is retained during the deposition and still present in the composite film. However, if a softer ceramic material is involved, it exhibits a preferred deposition and as a consequence it enriches within the composite film. The electrical conductivity of strontium titanate ferrate was lowered up to three orders of magnitude through aerosol co-deposition with electrical insulating alumina. The resulting electrical behavior of these composite films was described using the Generalized Effective Medium Theory. In a different approach, bismuth oxide based composite films were formed with titania and vanadium oxide, respectively. A subsequent heat treatment provoked an in situ calcination of the film that resulted in porous and single phased films of bismuth titanate and bismuth vanadate, respectively. Finally, a first application of aerosol deposited films within NOx gas sensors was demonstrated. A planar sensor setup consisting of an alumina substrate with an ADM-YSZ film and screen printed platinum interdigital electrodes was built and operated using the pulsed polarization method. A quantitative detection of NO as well as NO₂ with concentrations ranging from 3ppm up to 24 ppm, as well as mixtures of both, were possible. Comparing sensors with porous, screen-printed electrolytes to dense films produced by aerosol deposition, lower noise and higher sensitivities towards NO, as well as NO₂, are observed for the latter. When the sensor is operated only in unidirectional pulsed mode the sensitivity towards NO is decreased while still retaining its high NO₂ sensor response. The great potential of aerosol deposition to form functional ceramic films was underlined by the presented results. Especially the high density and the nanocrystalline morphology, combined with a deposition directly at room temperature are the unique features of this spray coating technique.