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Polymere Dielektrika für Leistungskondensatoren

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Streibl, Maximilian:
Polymere Dielektrika für Leistungskondensatoren.
Düren : Shaker-Verlag , 2020 . - X, 153 S. - (Bayreuther Beiträge zu Materialien und Prozessen ; 16 )
ISBN 978-3-8440-7564-9
( Dissertation, 2020, Universität Bayreuth, Fakultät für Ingenieurwissenschaften)

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Abstract

Im Rahmen der Energiewende gewinnt die Hochspannungs-Gleichstromübertragung (HGÜ) insbesondere aufgrund von Offshore-Windparks immer mehr an Bedeutung. Für die Stromübertragung zum Land sind HGÜ-Seekabel der einzig praktikable Weg, weshalb der Wechselstrom der Windräder auf Offshore-Plattformen in Gleichstrom konvertiert und am Festland für den Anschluss an das Wechselstromnetz wieder zurückkonvertiert werden muss. In diesen Konverterstationen ist eine große Anzahl an Leistungskondensatoren verbaut, welche derzeit aus einseitig metallisierten, hochreinen Polypropylenfolien aufgebaut werden. Der Stand der Technik sind mehrere Mikrometer dicke biaxial orientierte Polypropylenfolien (BOPP-Folien), was bedeutet, dass das Polypropylen nach der Extrusion in Extrusionsrichtung und quer dazu verstreckt wird. Polypropylen fungiert im Kondensator als Dielektrikum, auf das die Metallisierung direkt aufgebracht werden kann. Um Konverterstationen effizienter zu gestalten, ist es also zielführend, die Eigenschaften der Polypropylenfolie hinsichtlich der Anwendung als Dielektrikum im Kondensator zu verbessern, d. h. die Verluste sollen verringert, die Durchschlagsfestigkeit erhöht und die Foliendicke verringert werden. In dieser Arbeit wurden deshalb zwei Ansätze gewählt, um BOPP-Folien für die Anwendung als Dielektrikum in Leistungskondensatoren zu verbessern: In einem Ansatz soll ein Blend aus Polypropylen mit einem Cycloolefin Copolymer (COC) hergestellt werden. Dies hat zum Ziel, die dielektrischen Verluste zu verringern und die Temperaturstabilität der Folie zu erhöhen, da das ausgewählte COC einen um eine Größenordnung niedrigeren Verlustfaktor und eine höhere Einsatztemperatur als PP aufzeigt. Im anderen Ansatz sollen oxidische Nanopartikel in das Polypropylen eingearbeitet werden, um die Durchschlagsfestigkeit und dadurch die Betriebsfeldstärke erhöhen zu können. Damit wäre es möglich, die Foliendicke – und damit das Kondensatorvolumen – bei gleichbleibender Anwendungsspannung zu verringern. Das Volumen lässt sich dabei mit dem Quadrat der Feldstärke bzw. der Dicke reduzieren. Aufgrund der hohen spezifischen Oberfläche von Nanopartikeln ist es möglich, mit sehr geringen Massenanteilen der Nanopartikel große Volumen der umgebenden Polymermatrix zu beeinflussen, sofern die Nanopartikel fein verteilt in der Matrix vorliegen. Beide Ansätze wurden zuerst mit kleinen Materialmengen im Labormaßstab getestet, um Parameter wie den Massenanteil des Füllstoffs und Verarbeitungseinflüsse zu untersuchen. Anschließend wurden die Materialmengen auf größere Anlagen bis zu einer Pilotanlage hochskaliert, um schließlich eine Materialvariante auszuwählen, die für den Aufbau eines Kondensators geeignet wäre. Es wurden Materialien für drei Pilotanlagenläufe ausgewählt, aus denen dann Kondensatoreinzelwickel hergestellt wurden, die hinsichtlich der Lebensdauer charakterisiert werden konnten. Für den Nanopartikelansatz wurden zehn pulverförmige Nanopartikelsysteme und ein flüssiger Nanofüllstoff für die Untersuchungen im Labormaßstab ausgewählt. Es konnte gezeigt werden, dass eine Korrelation zwischen dem Zetapotential der
pulverförmigen Nanopartikel in Isopropanol und der Agglomerationsneigung in Polypropylen besteht. So lässt sich durch eine relativ schnelle Messung eine erste Abschätzung treffen, ob ein vorliegendes Nanopartikelsystem grundsätzlich für die Einarbeitung in PP geeignet ist. Im Labormaßstab wurden alle elf Nanofüllstoffe mit 5 % Massenanteil in PP mit gleichen Maschinenparametern eingearbeitet und zu Folien verstreckt. Es wurde gefunden, dass die Basispartikel bei gleicher Oberflächenfunktionalisierung einen Einfluss auf den Verlustfaktor haben: Al₂O₃ und TiO₂ erhöhen den Verlustfaktor, während SiO₂ den Verlustfaktor nicht erhöht. TiO₂ erhöht dabei den Verlustfaktor deutlich stärker als Al₂O₃. Auch die Oberflächenfunktionalisierung hat bei gleichen SiO₂-Basispartikeln einen deutlichen Einfluss auf den Verlustfaktor: Während kurze aliphatische Reste, wie Methylgruppen den Verlustfaktor verringern, da sich eine starke Matrixanbindung über van-der-Waals-Wechselwirkungen einstellt, führen Doppelbindungen und Estergruppen in der Funktionalisierung zu einer schwächeren Matrixanbindung und dadurch zu erhöhten Verlustfaktoren. Auch wurde eine Nukleierungswirkung der Nanopartikel für die Kristallisation des Polypropylens gefunden. Bei einem Nanopartikel-Massenanteil von 0,25 % wurde im Labormaßstab aufgrund des niedrigen Füllgrades kein wesentlicher Einfluss auf den Verlustfaktor beobachtet. Für diese Laborversuche wurde eine Erhöhung der Durchschlagsfestigkeit für bestimmte Nanokomposite im Vergleich zum ungefüllten Polypropylen gefunden. Deshalb wurden zwei Partikelsysteme P1 und P2 ausgewählt, die eine Steigerung der Skalen- und Formparameter α und β der Weibull-Verteilung der Durchschlagsfestigkeit ergaben. Für diese beiden Partikelsysteme wurde dann der Massenanteil variiert und gefunden, dass ein Nanopartikelmassenanteil zwischen 0 % und 5 % hinsichtlich der Anwendung die besten Möglichkeiten zur Verbesserung des Dielektrikums bietet. Anschließend wurden die beiden Partikelsysteme auf größeren Anlagen zu Nanokompositen verarbeitet. Es wurde gefunden, dass eine höhere Scherbeanspruchung während der Compoundierung zu besserer Dispersion der Nanopartikel in der Polypropylenmatrix führt, aber zu keinen signifikanten Änderungen der Durchschlagsfestigkeit oder der dielektrischen Verluste führen, sofern das Molmassenmittel des Polypropylens nicht verändert wird und auch die Rauheit der Folien ähnlich bleibt. Dass eine erhöhte Rauheit der verstreckten Folien zu verringerter Durchschlagsfestigkeit führt ist in der Literatur beschrieben und wurde auch in dieser Arbeit bestätigt. Bei zu starker thermomechanischer Beanspruchung des Polypropylens während der Compoundierung kann es allerdings zur Degradation der PP-Molekülketten kommen, was in einer Abnahme des Molmassenmittels beobachtbar ist. Ist die Degradation stark genug ausgeprägt, so sinkt die Durchschlagsfestigkeit der BOPP-Folie deutlich ab. Dieser Effekt ist deutlich stärker ausgeprägt als die Zunahme der Durchschlagsfestigkeit durch die Nanopartikel, sodass es bei den Pilotanlagenversuchen zu einer Abnahme der Durchschlagsfestigkeit für alle betrachteten Nanokomposite kam. Die Degradation durch die thermomechanische Belastung während der Compoundierung war in diesen Fällen zu stark, weshalb eine Hochskalierung der im Labor erzielten Verbesserungen nicht erreicht wurde. In den Lebensdaueruntersuchen zeigten die Nanokomposite auch schlechtere Eigenschaften. Die P1-Komposite zeigten, mit Ausnahme eines Wickels, Totalausfälle innerhalb der ersten 250 h des Lebensdauerversuchs, während die P2-Komposite zwar die Prüfnorm IEC 61071 bestanden, allerdings eine stärkere Änderung der Kapazität und des Verlustfaktors zeigten als die Polypropylen-Referenz. Im Blend-Ansatz konnte im Labormaßstab eine Verringerung des Verlustfaktors für COC-Massenanteile von 10 % bis 30 % nachgewiesen werden. Es wurde gezeigt, dass bereits 10 % bis 20 % COC-Massenanteil genügen, um den Verlustfaktor um etwa 60 % gegenüber Polypropylen zu verringern. Höhere COC-Anteile führen zu keiner weiteren signifikanten Reduktion des Verlustfaktors. Es wurde weiter gefunden, dass Relaxations- und Temperschritte grundsätzlich einem geringerem Verlustfaktor zuträglich sind. Inhomogene Krafteinleitung beim Reckprozess kann den Verlustfaktor durch das stärkere Einbringen von mechanischen Spannungen – und damit höheren Restspannungen nach dem Relaxations- und Temperschritt – erhöhen. Es wurde auch gezeigt, dass die im PP unlösliche COC-Phase die Kristallisation des PP behindert und den Kristallisationsgrad der PP-Matrix verringert. Die Laborergebnisse des Blend-Ansatzes konnten auf die Pilotanlage hochskaliert werden, wenngleich die Absolutwerte des Verlustfaktors aufgrund der inhomogenen Krafteinleitung durch den kontinuierlichen Verstreckprozess höher lagen als in den Laborversuchen mit homogener Krafteinleitung. Bei gleichbleibendem Skalenparameter der Durchschlagsfestigkeit im Vergleich zur PP-Referenz konnten in den Pilotanlagenläufen höhere Formfaktoren der Weibullverteilung erreicht werden, was bedeutet, dass die Durchschläge in einem engeren Bereich liegen. Damit können eventuell Sicherheitsfaktoren für die Kondensatorherstellung niedriger ausgelegt werden. Zudem wurde für die PP/COC-Blends mit 20 % COC-Massenanteil eine höhere Temperaturstabilität der Durchschlagsfestigkeit ab etwa 90 °C festgestellt. Die Betriebstemperatur der Kondensatoren ist im konkreten Anwendungsfall von HGÜ-Leistungskondensatoren mit 60 °C zwar deutlich niedriger, allerdings können lokal erhöhte Temperaturen von etwa 80 °C in aktuell verwendeten Kondensatoren beobachtet werden. In den Lebensdauerversuchen wurde gefunden, dass die PP/COC-Blends unter bestimmten Umständen eine erhöhte Temperaturstabilität und damit ein gegenüber reinem Polypropylen verbessertes Lebensdauerverhalten zeigen.

Abstract in weiterer Sprache

In the context of the energy revolution, high-voltage direct current (HVDC) transmission is becoming more and more important, particularly due to offshore wind farms. For power transmission to the shore, HVDC undersea cables are the only practicable way, which is why the alternating current from the wind turbines on offshore platforms has to be converted into direct current and converted back on land for connection to the alternating current grid. A large number of power capacitors are installed in these converterstations, which are currently constructed from high-purity polypropylene films metallized on one side. The state of the art is biaxially oriented polypropylene films (BOPP films) of several micrometers thickness, which means that after extrusion the polypropylene is stretched in the extrusion direction and crosswise to it. Polypropylene acts as the dielectric in a capacitor onto which the metallization can be applied directly. In order to make converter stations more efficient, it is therefore advisable to improve the properties of the polypropylene film with regard to its use as a dielectric in the capacitor, i.e. to reduce losses, increase the dielectric strength and reduce the film thickness. In this thesis, two approaches were chosen to improve BOPP films for use as dielectric in power capacitors: One approach is to produce a blend of polypropylene with a cycloolefin copolymer(COC). The aim is to reduce the dielectric losses and to increase the temperature stability of the film, since the selected COC has a lower loss factor by an order of magnitude and a higher application temperature than PP. In the other approach, oxidic nanoparticles are to be incorporated into the polypropylene in order to increase the dielectric strength and thus the operating field strength. This would make it possible to reduce the film thickness – and thus the capacitor volume – at a constant application voltage. The volume can be reduced with the square of the field strength or thickness. Due to the high specific surface area of nanoparticles, it is possible to influence large volumes of the surrounding polymer matrix with very small mass fractions of the nanoparticles, provided that the nanoparticles are finely distributed in the matrix. Both approaches were first tested with small amounts of material in a laboratory scale to investigate parameters such as the mass fraction of the filler and processing influences. Thematerial quantities were then scaled up to a pilot plant to finally select a material variant suitable for the construction of a capacitor. Materials were selected for three pilot plant runs, from which individual capacitor windings were then produced that could be characterised in terms of service life. For the nanoparticle approach, tenpowdery nanoparticle systems and one liquid nano filler were selected for laboratory-scale investigations. It could be shown that there is a correlation between the zetapotential of the powdery nanoparticles in isopropanol and the agglomeration tendency in polypropylene. Thus, a relatively fast measurement allows an initial estimate to be made as to whether an existing nanoparticle system is basically suitable for incorporation into PP. On a laboratory scale, all eleven nanoparticle systems with a 5 % mass fraction were incorporated into PP with the same machine parameters and stretched to form films. It was found that the base particles have an influence on the loss factor with the same surface functionalization: Al₂O₃ and TiO₂ increase the loss factor, while SiO₂ does not increase the loss factor. TiO₂ increases the loss factor significantly more than Al₂O₃. Surface functionalization also has a significant influence on the loss factor for the same SiO₂ base particles: while short aliphatic groups, such as methyl roups, reduce the loss factor, since a strong matrix bond is formed via van-der-Waals interactions, double bonds and ester groups in the functionalization lead to a weaker matrix bond and thus to increased loss factors. A nucleation effect of the nanoparticles for the crystallization of polypropylene was also found. With a nanoparticle mass fraction of 0.25 %, no significant influence on the loss factor was observed on a laboratory scale due to the low degree of filling. For these laboratory tests, an increase in dielectric strength was found for certain nanocomposites compared to unfilled polypropylene. Therefore, two particle systems P1 and P2 were selected, which resulted in an increase in the scale and shape parameters α and β of the Weibull dielectric strength evaluation. For these two particle systems, the mass fraction was then varied and it was found that a nanoparticle mass fraction between 0 % and 5 % offered the best possibilities for improving the dielectric with regards to the application. The two particle systems were then processed into nanocomposites in larger plants. It was found that a higher shear stress during compounding leads to better dispersion of the nanoparticles in the polypropylene matrix but does not lead to significant changes in dielectric strength or dielectric losses, as long as the mean molecular weight of the polypropylene is not changed, and the roughness of the films remains similar. The fact that an increased roughness of the stretched films leads to reduced dielectric strength is described in the literature and has also been confirmed in this paper. However, excessive thermomechanical stress on the polypropylene during compounding can lead to degradation of the PP molecular chains, which can be observed in a decrease in the mean molecular weight. If the degradation is sufficiently pronounced, the dielectric strength of the BOPP film decreases significantly. This effect is much more pronounced than the increase in dielectric strength caused by the nanoparticles, so that in the pilot plant trials there was a decrease in dielectric strength for all the nanocomposites under consideration. Degradation due to thermomechanical stress during compounding was too strong in these cases, which is why upscaling of the improvements achieved in the laboratory was not reached. In the lifetime tests, the nanocomposites also showed poorer properties. The P1 composites showed total failures within the first 250 h of the service life test with the exception of one winding, while the P2 composites passed the IEC 61071 test standard but showed a stronger change in capacity and loss factor than the polypropylene reference. In the blend approach, a reduction of the loss factor for COC mass fractions of 10 % to 30 % could be demonstrated at the laboratory level. It has been shown that 10 % to 20 % COC mass fraction is sufficient to reduce the loss factor by about 60 % compared to polypropylene. Higher COC contents do not lead to a further significant reduction of the loss factor. It was also found that relaxation and annealing steps are generally beneficial to a lower loss factor. Inhomogeneous force transmission during the stretching process can increase the loss factor by stronger introduction of mechanical stresses - and thus higher residual stresses after the relaxation and tempering steps. It was also shown that the COC phase which is insoluble in PP impedes the crystallization of PP and reduces the degree of crystallization of the PP matrix. The laboratory results of the blend approach could be scaled up to the pilot plant, although the absolute values of the loss factor were higher due to the inhomogeneous force transmission by the continuous stretching process than in the laboratory tests with homogeneous force transmission. With a constant scale parameter of the dielectric strength in comparison to the PP reference, higher form factors of the Weibull distribution could be achieved in the pilot plant runs, which means that the dielectric strength lies within a narrower range. This means that safety factors for capacitor production may be lower. In addition, the PP/COC blends with a 20 % COC mass fraction were found to have a higher temperature stability of the dielectric strength above about 90 °C. Although the operating temperature of the capacitors is significantly lower in the specific application of HVDC power capacitors with 60 °C, locally increased temperatures of around 80 °C can be observed in capacitors currently in use. In the lifetime tests, it was found that the PP/COC blends may show increased temperature stability under certain circumstances and thus an improved lifetime behavior compared to pure polypropylene.

Weitere Angaben

Publikationsform: Dissertation
Keywords: Dielektrika; Polypropylen; Nanokomposite; Polymere; Polymerblends
Institutionen der Universität: Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften
Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften > Lehrstuhl Funktionsmaterialien > Lehrstuhl Funktionsmaterialien - Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ralf Moos
Profilfelder > Advanced Fields > Neue Materialien
Forschungseinrichtungen > Zentrale wissenschaftliche Einrichtungen > Bayreuther Materialzentrum - BayMAT
Fakultäten
Fakultäten > Fakultät für Ingenieurwissenschaften > Lehrstuhl Funktionsmaterialien
Profilfelder
Profilfelder > Advanced Fields
Forschungseinrichtungen
Forschungseinrichtungen > Zentrale wissenschaftliche Einrichtungen
Titel an der UBT entstanden: Ja
Themengebiete aus DDC: 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 620 Ingenieurwissenschaften
Eingestellt am: 16 Sep 2020 06:13
Letzte Änderung: 15 Jan 2025 08:17
URI: https://eref.uni-bayreuth.de/id/eprint/57242